piwik no script img

■ Mit Bretton-Woods-Moloch auf du und duUnter Reformdruck

Wuppertal (epd/taz) – „50 Jahre sind genug.“ Zur Feier des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank machen jetzt die Kritiker mobil. Sie fordern eine grundlegende Reform der beiden „zentralistischen Großbürokratien“, die für Umweltzerstörung und Verarmung in der Dritten Welt mitverantwortlich gemacht werden. IWF und Weltbank trügen heute beträchtlich dazu bei, die globalen Ungleichgewichte, die soziale und ökologische Dauerkrise zu verschärfen sowie den gesellschaftlichen Niedergang im Süden und neuerdings auch im Osten zu beschleunigen, kritisiert der Verein Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung in seinem Memorandumsentwurf. Das Dokument wurde Entwicklungsexperten, Politikern und Weltbankvertretern am Wochenende auf einer internationalen Fachtagung in Wuppertal präsentiert.

Wenn IWF und Weltbank an ihre Gründung auf der Währungskonferenz vom 1. bis 22. Juli 1944 in Bretton Woods erinnern, werden sie von Kritikern mit einem Bündel von Forderungen konfrontiert: Sie sollen sich demokratischen Kontrollen unterwerfen, für mehr Transparenz und Beteiligungsrechte sorgen, auf umweltschädliche Großprojekte verzichten und die umstrittenen Strukturanpassungsprogramme für marode Volkswirtschaften in Afrika und Lateinamerika aufgeben. Umweltverträgliche Entwicklungskonzepte sollen unterstützt und den ärmsten Ländern die Schulden erlassen werden.

Die Kritiker wollen vor allem die Macht der beiden Institutionen beschneiden, die den Ländern der Dritten Welt einheitlich ein „neoliberales Wirtschaftsmodell“ diktierten. Mit ihren Kreditangeboten trete die Weltbank als „großer Verführer“ auf, so der Hamburger Politikwissenschaftler Rainer Tetzlaff. Notwendig sei eine „neue Gründungskonferenz“ aller Staaten, um die künftige Rolle von IWF und Weltbank zu bestimmen. Doch Zweifel an der Reformierbarkeit von Weltbank und IWF äußerte nicht nur der Politikwissenschaftler Elmar Altvater.

Dennoch wird in der Weltbank selbst ein gewisser Bedarf an Reformen eingeräumt. Der jahrelange Streit um ein riesiges Staudammprojekt in Indien wurde zum Lehrstück für Regierungen, Weltbank und NGOs. „Die Narmada-Erfahrungen haben eine Menge verändert“, bekennt Karsten Hinrichs aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Weltbank führte strengere Umweltauflagen ein, beschloß die Einrichtung einer Beschwerdeinstanz und muß nun Regierungen und nichtstaatlichen Organisationen ein wenig mehr Einblick in die Projektplanung geben. Für die meisten Kritiker ist das bislang jedoch nur „Reformkosmetik“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen