■ Mit Bremer Liberalität auf Du und Du: Gab's Berufsverbote?
Früher konnte man stolz darauf sein, daß die Uhren in Bremen manchmal anders gehen als in Bayern. Aber das ist vorbei.
Die Grünen wollten jüngst vom Senat wissen, ob denn auch in Bremen an eine Rehabilitierung der Berufsverbote-Opfer aus den 70er und 80er Jahren zu denken sei (vgl. taz 19.10.). Berufsverbote, die allein aufgrund von Parteizugehörigkeit ausgesprochen wurden, widersprechen der grundrechtlich garantierten Meinungsfreiheit, hatte der Europäische Gerichtshof in einem niedersächsischen Fall festgestellt. Schon als in der Ära Willy Brandt 1972 der „Radikalenerlaß“ entstand, hatten Kritiker immer daraufhingewiesen, daß diese Gesinnungs-Prüfung ein deutsches Sonderrecht im europäischen Kontext war.
Und was ist 23 Jahre danach? Demonstrativ rehabilitiert wird in Bremen niemand, das machte der Senat unißverständlich klar. Bremen habe den Berufsverbote-Erlaß immer „liberal“ ausgelegt, versichert der Senat, wieviele Berufsverbote-Opfer es gebe, wisse man aber einfach nicht, die Opfer zähle einfach niemand. Die Grünen fragen nach Rehabilitation, der Senat antwortet: „Völkerrechtlich ist das Land Bremen lediglich verpflichtet, die Praxis für die Zukunft am Urteil zu orientieren.“ Die Grünen fragen nach Konsequenzen aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Antwort: Der Senat „sieht in den Richtlinien über das Verfahren bei der Feststellung des Erfordernisses der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst keine Berufsverbotebestimmung, sondern nach wie vor die Festlegung eines rechtsstaatlich abgesicherten Verfahrens.“ Gab es überhaupt Berufsverbote in Bremen? K.W.
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