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■ Mit Bevölkerungswachstum auf du und duLebenserwartung sinkt

Berlin (taz) – Die gute Nachricht: Die Weltbevölkerung wächst inzwischen langsamer als in den vergangenen Jahrzehnten. Die schlechte Nachricht: Erreicht wird diese Entlastung der ökologischen und sozialen Systeme nicht nur durch Fortschritte bei der Geburtenkontrolle, sondern auch durch eine Sterblichkeitsrate, die zum erstenmal seit 40 Jahren wieder ansteigt. Das ist das Fazit einer Studie des Worldwatch Institutes in Washington. Diese Entwicklung zeigt nach Angaben von Lester Brown, einem der Autoren der Studie, das „Versagen unserer politischen Institutionen“.

1998 reduzierten die Vereinten Nationen ihre Schätzung der Weltbevölkerung im Jahr 2050 von 9,4 Milliarden auf 8,9 Milliarden Menschen. Ein Drittel dieses prognostizierten Rückgangs führt die UNO auf steigende Sterblichkeitsziffern zurück. Besonders im Afrika südlich der Sahara und auf dem indischen Subkontinent nimmt demnach die Sterblichkeit wieder zu. So sank die Lebenserwartung etwa in Botswana in den vergangenen neun Jahren von 62 auf 44 Jahre. In Simbabwe starben die Menschen im Durchschnitt mit 61 Jahren im Jahr 1993, mit 49 Jahren im Jahr 1998. Bis 2010 könnte die Lebenserwartung auf 40 sinken.

Der Grund dafür ist vor allem Aids. „Wenn nicht ein Wunder geschieht, werden viele afrikanische Länder im nächsten Jahrzehnt ein Fünftel oder mehr ihrer erwachsenen Bevölkerung durch Aids verlieren“, heißt es. Vergleichbar mit diesen Zuständen sei nur die Dezimierung der europäischen Bevölkerung durch die Pest im Mittelalter. Auch in Indien hat sich Aids inzwischen ausgebreitet. Mit mehr als 4 Millionen HIV-Infizierten gibt es dort mehr potentielle Aidskranke als in jedem anderen Land.

Zwei weitere Gründe tragen zur erhöhten Sterblichkeit bei: Schwindende Grundwasserreserven und eine Verringerung der Ackerfläche pro Kopf der Bevölkerung. Da 40 Prozent der Lebensmittel weltweit von bewässerten Äckern stammen, „kann Wasserknappheit schnell auch Lebensmittelknappheit bedeuten“, schreiben die Autoren. Allein in Indien werde schätzungsweise doppelt soviel Wasser aus den unterirdischen Ressourcen entnommen wie wieder dorthin versickere. Auch schwindende Ackerfläche trägt zur verringerten Lebenserwartung bei: Ab einer gewissen Fläche können die Menschen sich nicht mehr selbst ernähren und werden von Lebensmittelimporten abhängig.

Das Geheimnis liege nicht in den Berechnungen über die Bevölkerungsentwicklung, sondern „in unserem Versagen, auf diese Drohungen zu reagieren“, so Brown. Er kritisierte vor allem den US-Kongreß, der im vergangenen Jahr aus innenpolitischen Überlegungen alle Gelder für das Programm der UNO gestrichen hat, das sich mit Familienplanung beschäftigte. bpo

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