■ Mit Bahnfinanzierung auf du und du: Wenig Geld für Länder
Berlin (taz) – Der scheidende Bahn-Chef, Heinz Dürr, stellte noch einmal klar: Umfangreiche Streckenstillegungen werde es auch nach seiner Amtszeit nicht geben. Das versicherte er auf der Konferenz der Verkehrsminister von Bund und Ländern, die am Mittwoch in München zu Ende ging.
Das radikale Streichkonzept des Geschäftsbereiches Netz der Bahn AG ist vom Tisch: Rund 10.000 Kilometer Schienen wären ihm zum Opfer gefallen. Trotzdem verschwinden Dürr zufolge in den kommenden Jahren 2.000 Kilometer unrentabler Strecken – vor allem in den neuen Ländern. Dürr überraschte aber viele mit dem Versprechen, daß Strecken nicht stillgelegt würden, solange mindestens zehn Züge pro Tag über sie hinwegbrausen.
Ein Kriterium, das die Verkehrsminister der Länder dennoch nicht ganz akzeptieren: Sie erinnerten an die Verfassung, laut der über den Erhalt des Schienennetzes „nicht allein nach betriebswirtschaftlichen Kriterien“ entschieden werden dürfe. Der Bund sei nach Artikel 87e des Grundgesetzes im Interesse des Gemeinwohls verpflichtet, das Schienennetz auszubauen und zu erhalten.
Einen klitzekleinen Erfolg verbuchten die Länderminister gegenüber Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) beim Nahverkehr: Statt 1,8 Milliarden in den Jahren 1998 bis 2002, wie zunächst angekündigt, sollen die Länder nun 2,1 Milliarden Mark erhalten. Bei der Regionalisierung der Bahn im vergangenen Jahr war allerdings den Ländern erheblich mehr Geld versprochen worden: Ein Fünftel der Gesamtinvestitionen sollten sie erhalten – tatsächlich mußten sie um jede Mark kämpfen. Der jetzt zugebilligte Anteil von 2,1 Milliarden Mark entspricht nur wenig mehr als einem Zwanzigstel – insgesamt soll von 1998 bis 2002 rund 36 Milliarden Mark in neue Schienen investiert werden. Mit dem Länderanteil soll im Nahverkehr das Schienennetz ausgebaut und modernisiert werden.
Der bündnisgrüne Verkehrsexperte, Albert Schmidt, kritisiert denn auch, die Länderverkehrsminister hätten sich von Bundesminister Wissmann abspeisen lassen. Die Länder sollten sogar die Hälfte der Investitionsmittel erhalten, fordert Schmidt, weil sie besser als der Bund beurteilen könnten, wohin die Gelder fließen müßten. Ziel sollte ohnedies sein, von wenigen Großprojekten wegzukommen. Statt den Löwenanteil der Investitionsmittel in den Bau einiger ICE-Verbindungen zu stecken, sollten die Länder die Möglichkeit erhalten, den Ausbau und die Sanierung vieler kleiner Strecken umzusetzen, verlangt Schmidt. gg
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