piwik no script img

■ Mit Amazonien auf du und duPeinlich berührt

Manaus/Berlin (WPS/taz) – Die Rettung der Regenwälder Amazoniens stellt die brasilianische Regierung vor Probleme. Nicht, daß sie sich zu sehr über das Schicksal der geschätzten 60.000 höheren Tier- und Pflanzenarten in der Region oder über das Schicksal der letzten Ureinwohner – erst kürzlich wurden 16 Yanomanis von Goldsuchern getötet – sorgen würde. Das Hauptproblem scheint die Einmischung von Regenwaldschützern aus aller Welt zu sein.

In dem fast sieben Millionen Quadratmeter großen Amazonas-Becken, wovon etwa zwei Drittel zu Brasilien gehören, wachsen 30 Prozent des weltweiten Baumbestandes, und 20 Prozent des Süßwassers der Welt fließt durch das längste Flußsystem der Erde. Kein Wunder, daß den Brasilianern die Ressourcen unendlich erscheinen.

Der Gouverneur des Bundesstaates Amazonas, Gilberto Mestrinho, warf ausländischen Unternehmen denn auch vor, Umweltargumente nur vorzuschieben: „Es gibt ein starkes Interesse dort, daß hier keine Entwicklung stattfindet.“ So würden die holzexportierenden Länder, wie die USA, Kanada und Schweden, zu verhindern versuchen, daß Brasilien zu einem ernsthaften Konkurrenten wird. Mestrinho warf Umweltschützern vor, sie würden den Schutz des Regenwaldes nur dazu benutzen, sich selbst Jobs zu schaffen. „Es gibt 219 Gruppen, die sich mit der Rettung des Amazonasgebietes beschäftigen. Von diesen, würde ich sagen, wissen 218 nicht einmal, wo das Amazonasgebiet liegt.“

Mestrinho verstieg sich zu der Behauptung, der Regenwald würde sich nicht nur schnell nach der Abholzung regenerieren, sondern die Vegetation würde dadurch sogar verbessert. Tatsächlich ist es für Besucher aus gemäßigten Breiten erstaunlich, in welcher Geschwindigkeit auf den gerodeten Flächen wieder etwas sprießt. Nur: Was da wächst, ist kein Regenwald mehr. Schätzungen zufolge sind bislang 8,5 Prozent des Regenwaldes am Amazonas abgeholzt beziehungsweise abgebrannt.

Astronauten der Raumfähre Discovery berichteten, daß im September die Rauchwolken über dem Amazonas ungewöhnlich dick gewesen seien und noch mehr Feuer gezählt wurden als in vergangenen Jahren. Der brasilianische Präsident Itamar Franco war offenbar peinlich berührt durch diese Veröffentlichung. Sein Büro setzte sofort Gegendarstellungen auf: 1992 sei schließlich die Zahl der Brände ungewöhnlich niedrig gewesen. Da könne man doch dieses Jahr dafür ein bißchen mehr abbrennen. Die Regierung und besonders auch das Militär reagieren meistens äußerst empfindlich auf dergleichen internationale Aufmerksamkeit. Sofort wurden wieder Warnungen laut: Die Internationalisierung des Amazonasgebiets sei unbedingt zu verhindern. lieb

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen