■ Mit Alteigentümern auf du und du: Der Haß auf die LPGs
Berlin (taz) – Die Alteigentümer von Äckern und Weiden, die zwischen 1945 und 1949 enteignet worden sind, lassen nicht locker. Jetzt versuchen sie über den Umweg Brüssel, die deutschen Gesetze und zwei Bundesverfassungsgerichtsurteile zu kippen. Und wenn sie schon keine Chance sehen, selbst wieder an ihr altes Land heranzukommen, so wollen sie zumindest verhindern, daß die von ihnen gehaßten Bauernkollektive den Boden zu günstigen Preisen bekommen. Zur Zeit arbeitet das Wirtschaftsministerium an der Beantwortung eines Fragenkatalogs der EU-Kommission, den auch einige Alteigentümer vorgeschlagen hatten. Aus EU-Sicht geht es um die Frage, ob die günstigen Kaufpreise für die Bauern in Ostdeutschland eine nicht genehmigte Subvention darstellen und möglicherweise Landwirte in anderen Teilen der Gemeinschaft benachteiligen.
Insgesamt gibt es in den neuen Bundesländern etwa sechs Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzflächen. Zu 60 Prozent werden sie von den ehemaligen landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGs) bewirtschaftet, die heute meist als GmbH organisiert sind. Den Großteil ihres Landes haben sie von einst zwangskollektivierten Bauern gepachtet oder gekauft, denen etwa fünf Millionen Hektar Boden gehören oder gehörten.
In der Anfrage aus Brüssel geht es um die eine Million Hektar Land, die vor 1949 den sogenannten Alteigentümern gehörten. Sie können ihr Land nur dann zu etwa dem halben Verkehrswert zurückhaben, wenn kein Pächter Anspruch darauf erhebt. Das Gesetz gibt eindeutig denen das Vorkaufsrecht, die das Land gegenwärtig bewirtschaften. Und auch sie bekommen das Gelände zum dreimaligen Einheitswert. Das entspricht ungefähr 50 Prozent des Verkehrswertes. „Die LPGs konnten zur DDR-Zeit kein Land erwerben. Der günstige Preis ist eine Art von Wiedergutmachung“, argumentiert die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Die Antwort der Regierung an die EU werde in Kürze erfolgen. aje
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