■ Mit Abwasserabgaben auf du und du: Ziel: Keine Einnahmen
Freiburg (taz) – Die Abwasserabgabe ist das klassische Beispiel für eine Ökosteuer in der Bundesrepublik. Sie wird seit 1981 mit dem Ziel erhoben, die Gewässergüte zu verbessern. Dafür müssen Kommunen, Wasserverbände und große Unternehmen, die Abwässer direkt einleiten, zur Zeit 60 Mark je Schadstoffeinheit bezahlen. Doch fast alle Haushalte und der überwiegende Teil der Unternehmen zahlen diese Ökosteuer nicht unmittelbar, weil sie ihre Abwässer in Kläranlagen von Gemeinden einleiten, sondern versteckt über die Abwassergebühr.
Als das Abwasserabgabengesetz in den siebziger Jahren entwickelt wurde, stand – lehrbuchmäßig und im Gegensatz zu heutigen Ökosteuerdiskussionen – die umweltpolitische Lenkungsfunktion im Vordergrund. Wer Abwasser einleitet, sollte durch die Abgabe Anreize zum Bau von Kläranlagen und zu abwasserarmen Produktionsverfahren erhalten. Jeder Verschmutzer muß somit nach dem Verursacherprinzip für seinen Dreck bezahlen.
Der Staat verwendet die jährlichen Einnahmen von etwa 500 Millionen Mark zur Verbesserung der Gewässergüte. Im Endstadium – so besagt die Ökosteueridee – nimmt der Staat schließlich keinen Pfennig mehr ein, weil sich umweltfreundliche Produktionsverfahren durchgesetzt haben.
Der Abgabensatz fiel jedoch insbesondere in den Anfangsjahren recht gering aus. Dementsprechend mager waren die Auswirkungen auf Gewässerschutzinvestitionen. Erst die Novellierungen – zuletzt im Jahre 1990 – erweckten den Dauerschläfer Abwasserabgabe.
Seitdem sind auch verschiedene Schwermetalle sowie Phosphor und Stickstoff abgabepflichtig. Inzwischen klagen vor allem süddeutsche Gemeinden über zu hohe Kostenbelastungen durch die Abgabe, die sie trotz moderner Kläranlagen bezahlen müßten. Dabei reduziert sich die Abgabenlast sogar um 75 Prozent, wenn die eingeleiteten Abwässer den Mindestanforderungen des Wasserhaushaltsgesetzes entsprechen.
Daß die Abwasserabgabe bisher nicht zum Paradebeispiel einer gelungen konzipierten Ökosteuer geworden ist, hat zwei Gründe. Zum einen wird sie nur von einem Bruchteil der Abwasserproduzenten direkt bezahlt. Dem Gros der Indirekteinleiter, die ihren Dreck in die kommunale Kanalisation befördern, ist die erste deutsche Ökosteuer nicht bewußt. Zum anderen ist die Abgabe viel zu niedrig, wie selbst ihr Erfinder – ein Kölner Wirtschaftsprofessor – urteilt. Alexander Spermann
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