Missbrauchsdebatte in Hessen: FDP-Minister prügelt auf 68er ein

Der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) erneuert den Vorwurf, dass SPD und Grüne den Boden für die Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule bereitet hätten.

Justizminister Hahn bleibt bei seiner Kritik an Grünen und SPD. Bild: ap

FRANKFURT/MAIN taz | "Herr Hahn hat nicht verstanden, dass er den Konsens der demokratischen Parteien verlässt", echauffierte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion der hessischen Grünen, Mathias Wagner, am Mittwoch.

Die Grünen hatten da gerade Post vom hessischen Staatsminister der Justiz, Jörg-Uwe Hahn (FDP), erhalten. Der Landesparteichef ging darin erneut in die Offensive. Anstatt sich - wie von Grünen und SPD gefordert - für seine im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen an reformpädagogischen Schulen geäußerten Vorwürfe an die Adresse von "Rot-Grün" zu entschuldigen.

Zwar habe er in seinem Interview von letzter Woche "zu keinem Zeitpunkt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen rot-grüner Politikgestaltung und den aktuell diskutierten Missbrauchsfällen herstellen wollen", relativierte Hahn seine umstrittene - angebliche - Äußerung. Der Tagesspiegel habe das "verkürzt" dargestellt. Tatsächlich habe er nicht von "Rot-Grün" gesprochen, sondern von "Sozialdemokraten und Grünen". Sie hätten "ein Klima geschaffen, das erst den Boden für solche Vorkommnisse (die Missbrauchsfälle, d. Red.) bereitet hat".

In den Zeugenstand für seine These ruft Hahn ausgerechnet den grünen Europaabgeordneten und Alt-68er Daniel Cohn-Bendit. Dieser, einst Schüler der Odenwaldschule, habe davon gesprochen, dass die "libertäre Sexualmoral" nach 1968 "missbraucht" worden sei. Für Cohn-Bendit ein "fataler Fehler". Hahn kritisierte in seinem Brief auch das Verhalten der früheren Vizepräsidenten des Bundestages, Antje Vollmer, als "fragwürdig".

Die Theologin und prominente Grüne soll sich, nachdem sie 2002 von Missbrauchsfällen an der Odenwaldschule erfahren hatte, geweigert haben, sich dazu öffentlich zu äußern. Einem Lehrer habe Vollmer damals erklärt, dass sie eine "Stellungnahme aus der Ferne für nicht hilfreich" halte. Für Hahn belegen diese Beispiele, "dass der Zeitgeist der 68er-Jahre eine Tendenz der Verharmlosung und des Wegschauens mit sich gebracht hat". "Beschämend" nannten das die Grünen. Die SPD hat "Klärungsbedarf".

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