Missbräuchlicher Darlehenshandel: Gesetz gegen Kredit-Heuschrecken
Die schwarz-rote Bundesregierung will den Handel mit Immobilienkrediten erschweren. Dabei geht es unter anderem darum, private Eigenheimbesitzer besser zu schützen.
BERLIN taz Immer mehr private Finanzinvestoren wollen mit Immobiliendarlehen schnelles Geld machen, die sie deutschen Banken abkaufen. Häuslebauer bekommen davon oft erst etwas mit, wenn der neue Gläubiger ihnen aus heiterem Himmel mit der Zwangsversteigerung droht. Die Bundesregierung will diesen Kredit-Heuschrecken jetzt per Gesetz das Leben schwerer machen.
Verbraucher- und Justizministerium arbeiten jeweils an eigenen Vorschlägen gegen den missbräuchlichen Darlehenshandel. "Wir müssen dringend handeln", sagte Verbraucherschutzminister Horst Seehofer am Wochenende in der Bild am Sonntag. Er kündigte ein Eckpunktepapier an, das die Kreditnehmer besser schützen soll.
Darin ist beispielsweise vorgesehen, dass Kredite nur mit der Zustimmung des Schuldners weiterverkauft werden können. Außerdem sollen Banken grundsätzlich immer auch Darlehen anbieten müssen, die sie nicht veräußern dürfen, damit die Kunden die Wahlfreiheit haben. Zudem will Seehofer den Banken vorschreiben, dass sie ein Darlehen nicht mehr kündigen dürfen, wenn sich der Wert der Immobilie oder die wirtschaftliche Lage des Kreditnehmers verschlechtert hat.
Bereits im Dezember hatte das Justizministerium einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das Treiben der Kreditaufkäufer eindämmen soll.
Seit etwa fünf Jahren versuchen vor allem Hedgefonds und Investmentbanken aus den USA deutsche Immobilienkredite möglichst günstig einzukaufen, um sie anschließend gewinnbringend abzuwickeln. Bislang seien Forderungen für rund 20 Milliarden Euro weiterverkauft worden, schätzt das Institut für Finanzdienstleistungen (IFF) in Hamburg.
"Das Risiko, dass dadurch ein Haus zwangsversteigert wird, steigt deutlich an", sagt Manfred Westphal, Finanzexperte vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Schuld seien rechtliche Grauzonen. So könne der neue Gläubiger theoretisch nicht nur die Restschuld, sondern die kompletten 100 Prozent des ursprünglichen Darlehens eintreiben.
Das liegt daran, dass die Kreditaufkäufer stets die ursprüngliche Grundschuld eines Kredites erwerben. Sie ist im Gegensatz zu einer Hypothek nicht an die Immobilie gebunden und bleibt unabhängig von der Rückzahlung stets in voller Höhe bestehen. Die Grundschuld wird fällig, sobald der Gläubiger einen Kredit für "notleidend" erklärt. Das ist nach jetziger Gesetzeslage bereits möglich, wenn der Schuldner nur eine Rate nicht bezahlt.
Aber auch wenn die Raten stets pünktlich erfolgen, kann die Zwangsvollstreckung drohen. "Wird etwa behauptet, die Immobilie sei wegen ihrer Lage im Wert gesunken, ist der Baukredit plötzlich kündbar", sagt Westphal.
"Wir müssen dafür sorgen, dass die Grundschuld nicht mehr unabhängig vom Kredit verkauft werden kann", sagt der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick. Der Gesetzentwurf des Justizministeriums wird voraussichtlich im März in den Bundestag eingebracht.
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