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Missbildungen durch SchwangerschaftstestDie Wahrheit muss warten

Das Landgericht Berlin weist die Klage eines mutmaßlich Medikamenten-Geschädigten wegen Verjährung ab. Bestach der Pharmakonzern Schering Wissenschaftler?

Protest vor dem Prozess: Keine Entscheidung in der Sache. Bild: dapd

BERLIN taz | Im Rechtsstreit über mögliche Missbildungen durch den hormonellen Schwangerschaftstest Duogynon hat der Kläger André Sommer erneut eine Niederlage hinnehmen müssen: Das Landgericht Berlin wies am Donnerstag seine Haftungsklage gegen die Bayer Pharma AG auf 50.000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz ab: Die Ansprüche seien spätestens seit 2006 verjährt.

Die inhaltliche Frage, ob Duogynon tatsächlich verantwortlich ist für die Missbildungen an Blase und Harnröhre, mit denen Sommer 1976 geboren wurde, spielte in der Verhandlung keine Rolle. „Ob je ein Schadensersatzanspruch bestand, hat dieses Gericht nicht zu entscheiden“, sagte der Zivilrichter.

Der 36-jährige Grundschullehrer Sommer, dessen Mutter 1975 in der Frühschwangerschaft Duogynon genommen hatte, war bereits 2010 mit einer Klage auf Auskunft an der Verjährungshürde gescheitert. Sein Berliner Anwalt Jörg Heynemann kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an: Über Jahre habe die Pharmafirma Schering, deren Rechtsnachfolgerin die Bayer Pharma AG ist, die fruchtschädigende Wirkung von Duogynon in Deutschland unter den Teppich zu kehren versucht.

Dabei hatten Mitarbeiter der englischen Schering Limited bereits Ende der 60er-Jahre Warnhinweise an die britischen Aufsichtsbehörden gegeben. Entsprechende Dokumente hatte Heynemann dem Gericht als Beweisangebot vorgelegt. „Man kann nicht jahrzehntelang dafür sorgen, dass nichts ans Licht kommt, und dann sagen, es ist alles verjährt“, sagte Heynemann.

Bayer lehnt Mediationsverfahren ab

André Sommer hatte stets betont, ihm gehe es darum zu erfahren, was Schering Deutschland wann und von wem gewusst habe. Doch die Bayer Pharma AG ist nicht bereit, ihre firmeninternen Archive hierzu zu öffnen. Auch ein Mediationsverfahren, das das Landgericht Berlin erneut anregte, stößt auf Ablehnung. Ein Anwalt des Konzerns teilte mit, Duogynon sei von vielen Behörden geprüft worden. Auch ein dreijähriges staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren in den 80er-Jahren habe die Vorwürfe nicht bestätigt.

Teile dieser Unterlagen lagern derzeit im Landesarchiv Berlin und werden frühestens Ende 2020 freigegeben. So lange will André Sommer nicht warten. Er hat einen Zeugen benannt, der im Vorfeld des Prozesses angegeben hatte, Wissenschaftler im Auftrag von Schering bestochen zu haben, damit diese die Unbedenklichkeit von Duogynon attestieren. Sommer hofft nun, dass die nächste Instanz diesen Zeugen laden wird.

Europaweit gehen mehrere hundert Menschen davon aus, dass Duogynon ihre angeborenen Missbildungen verursachte. Zahlreiche von ihnen protestierten vor dem Gericht in Berlin gegen die Verjährung ihrer Ansprüche. (AZ: 1 O 60/11)

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2 Kommentare

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  • A
    aurorua

    @ gerda

     

    Sinngemäßes Zitat von dem "Kanonenstopfen" Blümchen, Norbert: "Die Politik hat den Kampf gegen die Pharmaindustrie längst verloren."

    Insofern ist ihre Hoffnung auf politische bzw. staatliche Regulation, die zwar zwingend notwendig wäre, wohl auch nur ein frommer Wunsch.

    In einer Zeit in der Gesundheit zum pervertierten Geschäft verkommen ist in dem nur noch Gewinnmaximierung für Reiche und Superreiche zählt ist jede Hoffnung dahin. Patient und Pflegepersonal wird instrumentalisiert als Kassenfüller. Ärzte dürfen sich laut BGH von der Pharmaindustrie bestechen lassen. Bis zu 60% (Dunkelziffer unbekannt) an Operationen sind völlig überflüssig bringen aber Kohle usw.usf.

    Natürlich wäre ein humanes, ehrliches und gerechtes Gesundheitssystem auf allen Ebenen wünschenswert. Ein System in der öffentlichen Hand, ohne Beamte, aber mit qualifiziertem Fachpersonal. Ein System das nicht gewinnorientiert ausgerichtet ist, sondern am kranken Menschen und der soliden Leistungsfähigkeit des Personals.

    In einer Welt in der nur noch das Geld regiert, leider ein Traum.

  • G
    gerda

    Medikamentenvergiftung durch Pharmakonzerne

    und lebenslange Erbgutschädigung der Konsumenten

    und deren Nachkommen dürfen nicht verjähren.

     

    Pharmakonzerne dürfen nicht ihre Menschenexperimente

    ungestraft fortsetzen und fahrlässig Menschen

    verstümmeln lassen und Forschungsberichte-

    die Volksgesundheit betreffend- unterschlagen!!!!

     

    Die Notwendigkeit unabhängiger Medikamentenevaluation

    durch eine rein staatliche Forschung ohne

    Drittmittelverflechtungen und Doppelberufungen

    von staatlichen Wissenschaftlern ist notwendig.

     

    Es treibt sich zuviel Abschaum in der Pharmaindustrie

    herum!