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Minderheiten in der TürkeiUrteil gegen orthodoxe Christen

Ein türkisches Berufungsgericht spricht dem syrisch-orthodoxen Kloster Mor Gabriel 28 Hektar Land ab. Ein Anwalt will das Urteil anfechten.

Demonstration gegen die Enteignung des Klosters Mor Gabriel in Köln 2009. Bild: dapd

ISTANBUL taz | Das Kloster Mor Gabriel ist eine imposante Erscheinung. Mitten in einer ausgedörrten, scheinbar menschenleeren Gegend, erhebt es sich auf einem Hügel ungefähr zehn Kilometer entfernt von der nächsten Kleinstadt Midiyat im Südosten der Türkei. Aus sandsteinfarbigen, massiven Quadern erbaut, hat das 1.600 Jahre alte Kloster (erbaut 397 n. Chr.) etwas von einer Festung, auch wenn heute der Einlass für Besucher geöffnet und die wehrhafte Phase von Mor Gabriel lange vorbei ist.

Obwohl dem Klosters schon lange keine feindliche Belagerung mehr droht, sehen die syrisch-orthodoxen Christen der Türkei ihr heiliges Zentrum dennoch in seiner Existenz bedroht. Der Grund ist ein Urteil des obersten türkischen Berufungsgerichts (Yargitay) in dieser Woche, das dem Kloster seine umliegenden Ländereien abgesprochen und dem staatlichen Schatzamt zugesprochen hat. Es geht um 28 Hektar Land, die seit Jahrhunderten zum Kloster gehörten. Allerdings sind die Katasterunterlagen strittig, was vordergründig zu dem Rechtsstreit geführt hat, der jetzt vorläufig entschieden wurde.

Der Hintergrund des Streits ist komplizierter und hat mit der Situation der syrisch-orthodoxen Christen der Türkei insgesamt zu tun. Das Kloster Mor Gabriel liegt im Zentrum des Tur Abdin (Berg der Knechte Gottes), einer Hügellandschaft unweit der syrischen Grenze, die noch vor einigen Jahrzehnten überwiegend von syrisch-orthodoxen Christen bewohnt wurde.

Doch angefangen von der Vertreibung und Ermordung der Armenier (1915 bis 1918), denen auch viele syrische Christen zum Opfer fielen, bis hin zu den Kämpfen zwischen Kurden und Armee, bei denen die Dörfer der Christen häufig zwischen die Fronten gerieten, nahm die Zahl der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin kontinuierlich ab.

Viele wanderten nach Syrien und in den Libanon ab, noch mehr gingen nach Europa. Rund 3.000 Seelen sind zurückgeblieben. Viele Dörfer verwaisten, auch die meisten Felder des Klosters, in dem nur noch eine kleine Zahl von Mönchen den Betrieb aufrecht erhält, lagen brach.

Gemeinde wehrt sich vor Gericht

Das weckte zunächst die Begehrlichkeit umliegender kurdischer Dörfer und später des Schatzamts. Gegen die drohende Enteignung und feindliche Übernahme durch Nachbardörfer wehrte sich die syrisch-orthodoxe Gemeinde vor Gericht. Dabei werden die vor Ort Gebliebenen von den Ausgewanderten finanziell, aber auch juristisch und moralisch unterstützt. Viele schicken auch ihre Kinder im Sommer nach Mor Gabriel, damit diese Aramäisch lernen, die Sprache Jesu, die in den Gemeinden im Tur Abdin nach wie vor als Liturgiesprache benutzt wird.

Nach zwischenzeitlichen Erfolgen vor Gericht ist das Yargitay-Urteil ein herber Rückschlag. Der Anwalt des Klosters, Rudi Sümer, sagte, nun werde geprüft, ob man vor das türkische Verfassungsgericht oder das Europäische Menschenrechtsgericht in Straßburg ziehen werde. Auf jeden Fall werde das Urteil angefochten.

Auch aus Deutschland kamen Proteste. Die Vorsitzende der CDU-Arbeitsgruppe für Menschenrechte, Erika Steinbach, die sich nach den deutschen Vertriebenen vor allem der türkischen Christen annimmt, hält das Urteil für einen gefährlichen Schritt hin zum Untergang des Klosters. Und der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sieht erneut „ein bedenkliches Signal an die christlichen Minderheiten der Türkei“.

Auch der türkischen Regierung dürfte das Urteil eher ungelegen kommen. Sie hatte in den letzten Jahren für eine Rückkehr syrisch-orthodoxer Familien geworben. Auch in der türkischen Öffentlichkeit stieß das Urteil auf heftige Kritik. In einem Aufruf linker und liberaler Intellektueller, den über 300 Leute unterzeichneten, heißt es: „Wir wollen mit den syrisch-orthodoxen Christen zusammenleben. Das Urteil erweckt den falschen Eindruck, dass diese Menschen im Land unerwünscht wären.“

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7 Kommentare

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  • K
    Kohelet

    @ Atheist:

    Die Kirchen und Klöster standen schon im Gebiet der heutigen Türkei bevor die Türken oder gar der Islam in diese Region kam. Das Kloster von dem hier die Rede ist wurde 397 gebaut. Der Islam entstand 300 Jahre später und die Türken kamen aus der Mongolai im 12Jhd.. Das sind ca. 800 Jahre später. Nur schon deshalb passt dein Vergleich überhaupt nicht. Desweiteren gibt es in Deutschland 1000de Moscheen. Niemand hat was dagegen und niemand hat dagegen protestiert. Die Proteste die man jetzt in den Medien mitbekommt haben einen anderen Hintergrund. Du solltest dich mal intensiver mit der Materie beschäftigen, damit du eine differenziertere Meinung hierzu bilden kannst.

     

    @Turke

    Ich gebe dir Recht! Innere Angelegenheiten der Türkei, sollten auch in der Türkei geklärt werden! Aber ich erwarte schon von Türken, dass Sie sich für Religionsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei einsetzten und nicht naiv und blind alles was der Staat macht hinnehmen. Am Beispiel dieses Klosters könnten die Türken ihre Größe zeigen.

     

    @Sukram

    1. Das sind 300 Politiker, Professoren, Künster usw.

    2. Es müssten 3.000.000 sein. Es ist ein Armutszeugnis für die Türkei, dass es "nur" 300 sind!

  • A
    Atheist

    Dieselben Probleme haben Muslime in Deutschland wenn Sie eine Moschee bauen wollen. Da leben tausende von Moslems in einem Viertel aber eine Moschee in diesem Viertel will man Ihnen verbieten, oder man macht es Ihnen sehr schwer. Dort leben kaum Christen aber Kirchen und Kloster sind ok ?!

    Religionen gehören sowieso abgeschafft! Gott ist gut aber was untergeordnet von ihm passiert ist nicht.

  • T
    turke

    nur wegen diesem eu kurs denken die deutschen und europäer dass sie sich bei uns im land dauernd einmischen koennen,ich hoffe dass das ganze mal endlich ein ende findet

  • R
    Ratze

    Ach je die Sprache Jesu.Für mich sind alle Religiösen eınfach nur eıne Gefahr für dıe Menschheıt.Dıeser Religionsquatsch muss endich aufhören.

  • S
    Sukram

    Boah: 300 Unterzeichner, echt?

    Das sind aber ganz, ganz heftige Proteste.

     

    Jaja, ganz gewiss kommt das dem Erdogan "ungelegen".

  • D
    D.J.

    "Viele schicken auch ihre Kinder im Sommer nach Mor Gabriel, damit diese Aramäisch lernen, die Sprache Jesu, die in den Gemeinden im Tur Abdin nach wie vor als Liturgiesprache benutzt wird."

     

    Das ist nicht ganz richtig formuliert. Liturgiesprache ist das klassische Syrisch-Aramäisch, sozusagen die alte Hoch- und Schriftsprache des christlichen Orient. Muttersprache in den umliegenden Dörfern des Tur Abdin ist teils noch ein neuaramäischer Dialakt, das Turoyo, das aufgrund der Abwanderungen der letzten Jahrzehnte aber in einem Bestand gefährdet ist. Vor einigen Jahren hat der Gouverneur von Mardin übrigens den Aramäischunterricht im Kloster verboten - das wäre in etwa vergleichbar, als wenn der deutsche Staat freiwilligen Sorbischunterricht in der sorbischen Oberlausitz verbieten würde (oder freiwilligen Türkischunterricht in Moscheen - der Aufschrei wäre berechtigt).

  • CS
    Claudia Sperlich

    "Doch angefangen von der Vertreibung und Ermordung der Armenier (1915 bis 1918), denen auch viele syrische Christen zum Opfer fielen..."

     

    Bitte, nicht "denen" sondern "der". Die syrischen Christen fielen nicht den Armeniern zum Opfer, sondern der Verfolgung.