Millionenschwere Überweisungspanne: Anzeigen gegen KfW-Chefs
Frankfurter Staatsanwaltschaft prüft Anzeigen wegen Untreue gegen den kompletten Vorstand der Staatsbank KfW.
FRANKFURT/BERLIN dpa/rtr Nach der millionenschweren Überweisungspanne bei der Staatsbank KfW prüft die Staatsanwaltschaft mehrere Strafanzeigen gegen den kompletten Vorstand des Instituts. Es gehe um den Verdacht der Untreue, erklärte die Frankfurter Oberstaatsanwältin Doris Möller-Scheu am Mittwoch. Es seien mehrere Anzeigen eingegangen. Die Staatsanwaltschaft prüfe die Anschuldigungen gegen alle sieben Mitglieder des Vorstands derzeit. Die KfW selbst hat nach Angaben einer Sprecherin bislang keine Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten von Mitarbeitern. Dies sei bereits vor Eingang der Strafanzeigen untersucht worden.
Die KfW hatte mit der US-Bank Lehman Brothers ein Devisentermingeschäft im Wert von 350 Millionen Euro abgewickelt, obwohl das US-Institut zu diesem Zeitpunkt schon zahlungsunfähig war. Wegen der Zahlung wurden zwei Vorstände sowie ein Bereichsleiter der KfW vorläufig vom Dienst suspendiert.
Die Unionsfraktion im Bundestag hat unterdessen gefordert, die KfW nach den jüngsten Vorfällen der normalen Bankenaufsicht durch BaFin und Bundesbank zu unterwerfen. "Wir möchten, dass die KfW der vollen Aufsicht unterliegt wie jede andere Bank", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kampeter, am Mittwoch vor einer Sitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses in Berlin.
In dem Ausschuss wollten Finanzminister Peer Steinbrück, Wirtschaftsminister Michael Glos und KfW-Chef Ulrich Schröder über die jüngsten Vorgänge bei der Staatsbank, wie die Millionenüberweisung an die seinerzeit unmittelbar vor der Insolvenz stehende US-Bank Lehman Brothers, berichten. "Das Finanzministerium hat momentan die Rechts- und Fachaufsicht über die KfW", sagte Kampeter. Das sollte geändert werden.
Aus Kreisen des Finanzausschusses hieß es, Steinbrück habe in dem Gremium gesagt, sein Haus prüfe, ob die KfW ganz oder teilweise dem Kreditwesengesetz (KWG) unterworfen werden sollte. Damit würden BaFin und Bundesbank, bei denen die Bankenaufsicht in Deutschland liegt, auch für die Aufsicht über die KfW und ihre Geschäfte zuständig werden. KfW-Chef Schröder wurde von mehreren Abgeordneten mit den Worten zitiert, die Politik müsse sich entscheiden, ob das Institut eine Bank oder eine Behörde sei.
Als Konsequenz aus den Turbulenzen um die KfW müsse zudem das Beteiligungsmanagement des Bundes verbessert werden, forderte Kampeter. Grund für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss sieht Kampeter aber nicht.
Dagegen zeigte sich der Grünen-Haushaltspolitiker Alexander Bonde überzeugt, dass es zu einem solchen Ausschuss kommen werde. Zwar gebe es auf Seiten der FDP noch Diskussionsbedarf, aber letztlich rechne er damit, dass die Opposition gemeinsam einen Untersuchungsausschuss durchsetzen werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch