Milliarden aus Deutschland nötig: Euro-Rettungsschirm wird wohl teurer
Beim EU-Gipfel wird über die Zukunft des Rettungsschirms diskutiert. Die Bundesregierung will den Spagat zwischen hohen Kosten und nationalen Sparzwängen schaffen.
![](https://taz.de/picture/274437/14/rettungsschirm0323.20110324-08.jpg)
BERLIN taz | Die Euro-Krise ist noch nicht zu Ende. Sie zu überwinden kostet auch Deutschland demnächst einige Milliarden. Dies sind die beiden Botschaften, mit denen die Bundesregierung beim am Donnerstag in Brüssel beginnenden Europäischen Gipfel konfrontiert ist.
In Portugals Hauptstadt Lissabon wankte am Mittwoch die Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten José Sócrates. Die Opposition wollte einem neuerlichen Sparprogramm nicht zustimmen. Mit Kürzungen im Gesundheitswesen, im Sozialsystem und bei öffentlichen Unternehmen will Sócrates das Defizit im Staatshaushalt 2011 unter 4,6 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken.
Manche Investoren auf den internationalen Finanzmärkten bezweifeln, dass Portugal seine Staatsschulden in den Griff bekommt. Deshalb steigen die Zinsen, die das Land für neue Kredite zahlen muss. Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos hatte am Montag dann auch erstmals öffentliche Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF in Erwägung gezogen.
Für Hilfen des gemeinsamen europäischen Fonds EFSF muss Deutschland bislang nicht direkt zahlen. Der Fonds beschafft sich die nötigen Mittel unter anderem dadurch, indem er Anleihen ausgibt, die auch Deutschland garantiert.
Preiswerte Art der Euro-Stabilisierung bald vorbei
Mit dieser preiswerten Art der Euro-Stabilisierung dürfte es freilich bald vorbei sein. Beim Rat der EU-Regierungs- und Staatschefs in Brüssel steht der Europäische Stabilisierungsmechanismus (ESM) auf der Tagesordnung. Der ESM soll den EFSF ab 2013 ablösen und 700 Milliarden Euro bereithalten, um angeschlagene EU-Mitglieder zu unterstützen und den Euro gegenüber Angriffen von Investoren abzusichern. Einen Teil des Geldes sollen die EU-Staaten, darunter auch Deutschland, ab 2013 an den ESM überweisen.
Die Frage ist nun, wie schnell und in welchen Beträgen. Während der Fraktionssitzung der Union im Bundestag am Dienstag machte Bundeskanzlerin Angela Merkel klar, dass sie auf die Bremse treten will. Wenn es nach ihr geht, zahlt Deutschland seinen Betrag nicht auf einmal, sondern ab 2013 in fünf Jahresraten zu 4,5 Milliarden Euro. Mit dieser Idee will Merkel ihre Kritiker in Union und FDP beruhigen, die die deutsche Großzügigkeit gegenüber verschuldeten EU-Mitgliedern bemängeln.
Steuersenkungen: "Ab 2013 wird der Spielraum geringer"
Denn FDP und CSU fordern noch immer nennenswerte Steuersenkungen in dieser Legislaturperiode. Jeder Euro, der in den ESM fließt, schränkt diese Möglichkeit ein. Das weiß auch Norbert Barthle, Haushaltspolitiker der CDU: "Ab 2013 wird der Spielraum geringer." Aber auch davor ist nicht mehr viel Zeit. Der Bundeshaushalt für 2012 ist schon in der Beratung. Eine nennenswerte Steuersenkung ist darin bislang nicht vorgesehen.
Neben dem ESM-Fonds wird der EU-Rat wohl Beschlüsse über den verschärften Stabilitätspakt und den Pakt für den Euro fassen. Beim Stabilitätspakt geht es darum, dass künftig nicht nur die Überschreitung der maximalen Staatsverschuldung von drei Prozent pro Jahr, sondern auch der gesamten Staatsschuldenquote von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung Anlass für ein Strafverfahren der EU sein kann. Beim Pakt für den Euro wollen die Länder ihre Wirtschaftspolitik annähern, um Ungleichgewichte zwischen mehreren Staaten zu verringern, die Auslöser von Spekulationsattacken sein können.
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