Milde Strafen für Überfall: Nazis zufrieden mit Urteil
Sieben Nazi-Hooligans kommen nach einem Angriff auf eine Feier linker Werder-Fans im Jahr 2007 glimpflich davon. Ihre Anwälte beschimpfen Presse und Politik und loben die Justiz.

Die Werder Ultra-Gruppe Racaille Verte wurde von den Rechten überfallen. Bild: dpa
BREMEN taz | So viel Lob ist die Bremer Justiz nicht gewohnt. "Ein Kompliment" bekam Amtsrichter Hans Ahlers im Plädoyer des ersten Anwalts, seine "stringente", unbeugsame Haltung "gegenüber Demos und öffentlicher Kritik" pries der nächste, ein leuchtendes Beispiel für die "unabhängige Justiz" nannte ihn der dritte.
Die Lobreden standen am Ende eines Prozesses gegen sieben Hooligans aus der Neonazi-Szene, die 2007 die Feier einer linken Werder Bremen-Fangruppe im Weserstadion überfallen hatten. 40 Gäste wurden verletzt, zwei mussten ins Krankenhaus.
Das Verfahren lag viereinhalb Jahre bei der Bremer Staatsanwaltschaft, der Prozess endete am Donnerstag nach nur zwei Verhandlungstagen. Fünf der überwiegend geständigen Angeklagten die teilweise bis zu zwölf Vorstrafen hatten, müssen Geldstrafen zwischen 500 und 1.300 Euro bezahlen. Einen Eintrag ins Führungszeugnis bekommen sie nicht. Bei zwei Angeklagten, die bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, wurden die Geldstrafen zur Bewährung ausgesetzt. "Vollkommen angemessen," nannte dies einer ihrer Verteidiger.
Das sahen in der Stadt nicht alle so. Beim ersten Prozesstermin hatte Richter Ahlers eine "Verständigung angeregt": Die Angeklagten räumen die Vorwürfe ein, das Verfahren wird ohne Beweisaufnahme beendet, die Strafen fallen - in erster Linie wegen der "rechtsstaatswidrig langen" Verfahrensdauer - milde aus.
In der Stadt hatte dieser Vorschlag die Gemüter aufkochen lassen: 800 Menschen demonstrierten am Mittwoch gegen die Verfahrensführung. "Es stellt sich die Frage, welchen Sinn es hat, rechte Gewalttaten anzuzeigen," fragte die Antifa in ihrem Aufruf zur Demo - vor allem deshalb, weil nun alle ZeugInnen den Neonazis aus den Prozessakten namentlich bekannt sind. Im Vorfeld des Prozesses hatten Zeugen erklärt, von den rechten Hools bedroht worden zu sein. Am ersten Prozesstag wurden auch Zuschauer im Gericht angepöbelt. Linke und Grüne in der Bürgerschaft empörten sich so über das Verfahren, dass die Vorsitzende des Vereins Bremischer Richter und Staatsanwälte dem Grünen Fraktionsvorsitzenden Matthias Güldner vorwarf, die Gewaltenteilung zu missachten.
Viel weiter ging am Donnerstag der Anwalt Matthias Koch. Was Medien bei ihrer "ungeheuerlichen Berichterstattung" über den Prozess "gefordert" hätten, sei mit dem Dritten Reich vergleichbar: "Da gab es keine Verteidiger und willfährige Richter." Die anwesenden Journalisten warnte er: Wenn auch nur eine "Falschinformation" über ihn verbreitet werde, würde er "sich zu wehren wissen."
Einige der Angeklagten stellten sich selbst als Opfer dar. Ein selbständiger Sicherheitsunternehmer klagte, das Modehaus Peek und Cloppenburg habe ihm nach Jahren den Auftrag zur Bewachung des Kaufhauses entzogen. Und der Anwalt von Hannes O., Sänger der Rechtsrock-Band Kategorie C, beschuldigte die Medien ihn als Inhaber eines Baguetteladens geoutet zu haben. Das "Ladenschluss"-Bündnis der Antifa betreibe "seine wirtschaftliche Vernichtung."
Die "Unschuldsvermutung" sei in der Berichterstattung "zu kurz gekommen", das Verfahren habe "eine Prangerwirkung" gehabt, fühlte sich Richter Ahlers in die Befindlichkeit der Angeklagten ein. Und deshalb gestatte er ihnen auch, entgegen aller üblichen Gepflogenheiten, den Gerichtssaal erst dann zu betreten, nachdem die Fotografen und Kameraleute von den Wachmännern herausgebeten wurden.
Leser*innenkommentare
Observer
Gast
Organisierte, Gewalt verbreitende Horden knüppeln Bürger nieder. Völlig inakzeptabel; Derartige Gewalt ist weder von Links noch von Rechts tolerabel.
Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass wir uns wieder den Verhältnissen der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts annähern. Die Massen verelenden und die (Bremer) Justiz handelt in bekannter Geistesverwandtschaft zur rechten Ideologie.
Das Urteil ist ein Witz und ein Zeichen an die Rechten, dass ihnen keine spürbaren Konsequenzen für derartige Überfälle drohen. Freie Bahn für rechte Schlägertrupps in Bremen.
hypokritable
Gast
auch bei indymedia wurde berichtet: http://de.indymedia.org/2011/09/317196.shtml
Stimmvieh
Gast
Wären das Linke gewesen, die eine Nazi-Feier überfallen hätten, wäre klar, wie die Sache gelaufen wäre.
Dieser Staat und seine Organe sind auf dem rechten Auge nicht blind, sondern sie tragen eine rosarote Brille auf diesem Auge.
mimi-kri
Gast
schlimm ist das!
das passt auch zu dem artikel "Linksextreme, wo Rechte marschierten":
http://www.taz.de/Neonazi-Aufmarsch-in-Dortmund-/!79090/
der braune dreck muss weg!
Bitbändiger
Gast
Einen Punkt kann ich ja nachvollziehen: Eine erstinstanzliche Verfahrensdauer von viereinhalb Jahren ist in der Tat nicht nur menschenrechts-, sondern auch gerechtigkeitswidrig. Sollte aber nicht zu Gunsten der Angeklagten ausgelegt werden, wenn diese nicht in U-Haft waren.
Die "Urteile" sind allerdings, sofern die Tatbestandsschilderungen zutreffen, mehr als fragwürdig - eine geistige Komplizenschaft der Justiz lässt sich da nicht ausschließen.
Observer
Gast
Organisierte, Gewalt verbreitende Horden knüppeln Bürger nieder. Völlig inakzeptabel; Derartige Gewalt ist weder von Links noch von Rechts tolerabel.
Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass wir uns wieder den Verhältnissen der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts annähern. Die Massen verelenden und die (Bremer) Justiz handelt in bekannter Geistesverwandtschaft zur rechten Ideologie.
Das Urteil ist ein Witz und ein Zeichen an die Rechten, dass ihnen keine spürbaren Konsequenzen für derartige Überfälle drohen. Freie Bahn für rechte Schlägertrupps in Bremen.
hypokritable
Gast
auch bei indymedia wurde berichtet: http://de.indymedia.org/2011/09/317196.shtml
Stimmvieh
Gast
Wären das Linke gewesen, die eine Nazi-Feier überfallen hätten, wäre klar, wie die Sache gelaufen wäre.
Dieser Staat und seine Organe sind auf dem rechten Auge nicht blind, sondern sie tragen eine rosarote Brille auf diesem Auge.
mimi-kri
Gast
schlimm ist das!
das passt auch zu dem artikel "Linksextreme, wo Rechte marschierten":
http://www.taz.de/Neonazi-Aufmarsch-in-Dortmund-/!79090/
der braune dreck muss weg!
Bitbändiger
Gast
Einen Punkt kann ich ja nachvollziehen: Eine erstinstanzliche Verfahrensdauer von viereinhalb Jahren ist in der Tat nicht nur menschenrechts-, sondern auch gerechtigkeitswidrig. Sollte aber nicht zu Gunsten der Angeklagten ausgelegt werden, wenn diese nicht in U-Haft waren.
Die "Urteile" sind allerdings, sofern die Tatbestandsschilderungen zutreffen, mehr als fragwürdig - eine geistige Komplizenschaft der Justiz lässt sich da nicht ausschließen.