Migration: Blechbuden für Flüchtlinge
Sozialsenator baut bis zu acht neue Containerdörfer mit 2.200 Plätzen. Kritik von Linken, Grünen und Flüchtlingsrat.
Mit Dörfern aus Wohncontainern will der Senat Unterkünfte für die steigende Zahl von Flüchtlingen schaffen. Sechs, möglicherweise auch acht davon mit insgesamt 2.200 Plätzen sollen laut Sozialsenator Maria Czaja (CDU) landesweit entstehen. Ein bis zwei davon würden im Dezember eröffnet, die anderen im Januar. Die Container will der Senat nicht mieten, sondern kaufen und möglicherweise später als Studierendenwohnheim nutzen. Die Kosten mochte Czaja nur als „mittlerer zweistelliger Millionenbetrag“ beziffern. Nach taz-Informationen sollen 43 Millionen Euro zur Verfügung stehen.
Hintergrund sind die weiter gestiegenen Flüchtlingszahlen. Laut Czaja gab es allein im September bis zum gestrigen Dienstagvormittag 1.309 Anträge und damit nochmals deutlich mehr als beim bisherigen Spitzenwert von 1.145 im August. Noch im Mai hatte eine Prognose des Bundesamtes für Migration lediglich 600 bis 700 Flüchtlinge monatlich vorher gesagt. Nach Angaben des Senators hat sich die Zahl der Flüchtlinge seit 2011 vervierfacht. Im zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) hingegen habe sich die Mitarbeiterzahl noch nicht einmal verdoppelt. Kollegen aus anderen Senatsverwaltungen sollen daher zeitweise aushelfen, auch bei der Planung und Baubegleitung der Containerdörfer.
Die Containerdörfer, für die sich 17 Hersteller beworben haben, sollen anders als es der Begriff nahe legt, keine Ansammlung einzelner Container sein, sondern 92 Meter lange Gebäude mit Erd- und einem Obergeschoss bilden. Darin soll es auch Gemeinschafts- und Arzträume geben. Standorte nannte Czaja nicht. Sie sollen aber nicht in Gewerbegebieten liegen, mit Bus oder Bahn gut zu erreichen sein und eine Schule in der Nähe haben.
Der Sozialsenator sah seine jetzige Linie nicht nur wegen schnellerer Bauweise im Vorteil gegenüber einem Umbau etwa ehemaliger Schulen. „Diese Wohncontainerdörfe erfüllen vom ersten Tag an den Standard einer Gemeinschaftsunterkunft“, sagte Czaja, „sie sind keine Notunterkündte. 200 der 2.200 Plätze sollen für die Kältehilfte reserviert sein. Nach Worten des Senators soll nicht der Eindruck entstehen, man schaffe nur Unterkünfte für Flüchtlinge, aber nicht für andere Obdachlose. Betreiber der Wohncontainerdörfer sollen überwiegend frei-gemeinnützige Träger sein.
Nur geprüfte Security
Nach Misshandlungsvorwürfen von Security-Leuten in einem Flüchtlingsheim in Nordrhein-Westfalen gibt es laut Sozialsenator Mario Czaja (CDU) keine Hinweise auf ähnliche Vorkommnisse in Berlin. In hiesigen Unterkünften seien nur zertifizierte Sicherheitsdienste tätig. Das in NRW aufgefallene Unternehmen sei nicht darunter. Auch der Heimbetreiber sei nicht in Berlin tätig. Seit vergangener Woche müssten zudem alle Mitarbeiter ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. (sta)
Vertreter der Opposition im Abgeordnetenhaus und des Flüchtlingsrats kritisierten die Linie Czajas scharf. „Das ist ein Skandal“, sagte Elke Breitenbach, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, der taz. Für sie bedeutet die Unterbringung in den Containerdörfern für die Flüchtlinge „Stigmatisierung und Ausgrenzung“. Sie verstehe nicht, warum es nicht möglich sein soll, auf landeseigenen Grundstücken Flüchtlingsunterkünfte zu bauen statt Container aufzustellen, so Breitenbach Mit dem geplanten Millionebetrag könne man die Flüchtlinge währenddessen in Hostels unterbringen. Breitenbach räumte zwar ein, dass die Container auf Bildern nicht wie jene auf einer Baustelle wirkten, aber auch nicht wie jene elegante Variante, die in Treptow als Studentenunterkunft dient.
Die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram zeigte sich ebenfalls sehr skeptisch und würde die Flüchtlinge lieber in geeigneten landeseigenen Gebäuden sehen, die es ihrer Ansicht nach gibt, die der Finanzsenator aber nicht hergeben wolle. „Das ist jetzt wieder mal eine Hauruck-Aktion statt einer echten Lösung“, sagte Bayram.
„Sehr suboptimal“, urteilte auch eine Sprecherin des Berliner Flüchtlingsrat, Martina Mauer. „Container sind für Güter da, nicht für Menschen“, sagte sie der taz. Auch sie plädiert dafür, stattdessen solide zu bauen.
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