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Mietzahlungen für Hartz-IV-EmpfängerJobcenter muss nacharbeiten

Arbeitslose haben das Recht auf eine faire Frist für die Wohnungssuche, hat ein Gericht geurteilt. Das Jobcenter wollte einem Mann vorschnell das Geld kürzen.

Recht auf Faulheit: Nur einmal eine Frist ausrechnen reicht, fand das Jobcenter – und wurde dafür verurteilt Foto: dpa

Celle dpa | Hartz-IV-Empfänger bekommen nach einem Gerichtsurteil auf der Suche nach günstigerem Wohnraum Aufschub, wenn sie zwischenzeitlich arbeiten. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat in einem am Montag veröffentlichten Urteil einem Kläger aus Hannover Recht gegeben, bei dem das Jobcenter nach einer sechsmonatigen Frist die Mietkosten nicht mehr voll tragen wollte.

Da der Mann nach Ablauf der Frist eine neue Arbeit gefunden hatte, die nach fünf Monaten gekündigt wurde, pochte er auf eine neue Frist.

Das Gericht räumte dem 51-Jährigen drei weitere Monate für die Suche nach einer preiswerteren Wohnung oder das Finden eines Untermieters ein, wodurch die Mietkosten sinken. Es wies damit das Jobcenter in seine Schranken, das argumentiert hatte, die einmal gesetzte Frist sei abgelaufen und die einmalige Aufforderung zur Suche nach einer preiswerteren Wohnung müsse nicht wiederholt werden.

Dementgegen stellte das Gericht klar, dass ein Senken der Mietkosten nach den Umständen des Einzelfalls auch tatsächlich möglich sein müsse. Da der Kläger für einige Monate gearbeitet habe, habe er sich in dieser Zeit nicht um eine günstigere Wohnung bemühen müssen. Nach der kurzfristigen Kündigung sei ein weiterer zeitlicher Vorlauf nötig, um die Kosten durch Umzug oder Untervermietung zu senken. (AZ: L 11 AS 561/18 B ER)

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5 Kommentare

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  • 9G
    99337 (Profil gelöscht)

    Ich will keine falschen Zahlen in die Welt setzen, aber wenn ich mich nicht irre, gab es jüngst eine Anfrage der Linken im Bundestag, wie hoch die Summe der Zahlungen jener Arbeitslosen ist, deren Mieten nicht als angemessen gelten und deshalb vom Jobcenter nicht vollständig übernommen werden.

    Grund war u.a. das Problem der steigenden Mieten und der Wohnungsnot in Großstädten.



    Wenn ich mich ebenfalls recht erinnere, konnten die Zahlen nicht konkret danach aufgeschlüsselt werden, wie hoch der Anteil jener ist, die keine Möglichkeit haben, eine günstigere Wohnung zu finden.

    2016 jedenfalls haben Arbeitslose 600 Millionen Euro aus eigener Tasche zur Mieten zugezahlt.

    Leider las man von der Anfrage der Linken nur wenig in den Zeitungen und der journalistische Eifer hält sich auch in Grenzen, wenn es darum geht, dass Grundproblem mit der Wohnungsnot und den zu niedrigen Alg-Mietsätzen zu thematisieren.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ein Dreifach-Hoch auf das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen: Hoch, Hoch, Hoch!

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Na und? Dann wird eben erst drei Monate später gekürzt... "ein Dreifach-Hoch..."

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Magumpus:

        Etwas Nachdenken über Gewaltenteilung könnte helfen.

      • @Magumpus:

        Das macht aber schon viel aus!