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Mieter sollen Eigentümer werden

■ Freie Wohnungsunternehmen fordern durchgreifende Privatisierung des DDR-Wohnungsmarktes

Bonn (dpa) - Der Bundesverband Freier Wohnungsunternehmen (BFW) erwartet, daß die Zinsen am Kapitalmarkt und speziell zur Wohnungsfinanzierung wieder deutlich nach unten gehen. Andernfalls werde es spätestens in sechs Monaten einen Konjunktureinbruch geben, erklärte der BFW-Vorsitzende Karl -Heinz Reinheimer am Montag auf einer Pressekonferenz in Bonn.

Zugleich forderte der Verband, zu dem über 1.000 freie Wohnungsunternehmen mit einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 78.000 Wohnungen gehören, durchgreifende Privatisierungsschritte in der DDR. Der Staat wäre überfordert, nur den dringendsten Finanzbedarf von 200 Milliarden DM - nötig wären insgesamt 850 Milliarden - zur Modernisierung und Sanierung von 90 Prozent der 7,1 Millionen Wohnungen aufzubringen, sagte Reinheimer. Der beste Weg wären Fonds, an denen sich die Mieter beteiligten und über die sie schließlich zu Wohnungseigentümern würden.

Das Interesse, privates Kapital in den Wohnungsbereich zu lenken, wird nach Angaben Reinheimers aber nur geweckt, wenn die auf dem Stand von 1936 eingefrorenen Mieten steigen. Das gehe aber nur behutsam in Stufen und vor allem nur, wenn die Löhne anstiegen. In der DDR hätten die Wohnungskosten einen Anteil von drei Prozent am Einkommen, in der Bundesrepublik von 17 Prozent.

Für den Wohnungserwerb wird nach Angaben von BFW -Hauptgeschäftsführer Günter Haber ein Eigenkapital von 25.000 bis 30.000 DM ausreichen. Vorteil der Fonds-Lösung wäre, daß ein Großteil der rund 170 Milliarden Mark (Ost) Ersparnisse inflationsneutral gebunden werde. Auf diese Weise würden Eigentümer und Mieter angeregt, die zumeist in katastrophalem Zustand befindlichen Wohnungen - ein Drittel sei nach bundesdeutschen Maßstäben nicht mehr bewohnbar - in Schuß zu bringen.

Nach Ansicht von Reinheimer hat die bloße Erwartung eines zusätzlichen Kapitalbedarfs im Zuge der Währungsunion die Banken und sonstigen Finanzierungsinstitute „zu überzogenen Zinserhöhungen im Vorwege animiert“. Die Refinanzierungskosten der Banken seien weitaus geringer. Der drastische Rückgang bei neuen Hypothekendarlehen zuletzt um 41 Prozent werde die Zinsen aber voraussichtlich wieder drücken.

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