Microsoft-Spiel "Halo 3": Kritiker sehen Parallele zum Irak
Ein neues Weltraumballer-Game soll Microsofts Spieleabteilung zu schwarzen Zahlen verhelfen. Doch der Slogan zu dem Spiel sorgt für Spekulationen.
BERLIN taz Der Softwareriese Microsoft leistet sich bereits seit Jahren ein teures Hobby: den Verkauf einer eigenen Videospielekonsole samt Entwicklung passender Games. Bis zum heutigen Tag haben weder die Xbox noch ihr aktueller Nachfolger Xbox 360 je Gewinne geschrieben - stattdessen kostete das Engagement im wachstumsträchtigen Unterhaltungsmarkt den (mit Programmen wie Windows und Office eigentlich hochprofitablen) Konzern allein in den ersten vier Jahren vier Milliarden Dollar.
Nicht dass die Spieleabteilung des Unternehmens keine Erfolge zu verzeichnen hätte: So war die Xbox 360 bis vor kurzem beispielsweise meistverkaufte "Next Generation"-Konsole und wurde nur knapp in diesem Sommer von Nintendos billigerem System "Wii" überholt. Und Spieletitel, die hervorragend laufen, gibt es ebenfalls.
Jüngstes Beispiel ist das in dieser Woche erschienene "Halo 3". Die knapp 60 Euro teure Weltraum-Action-Mixtur wurde den Händlern am Erstverkaufstag geradezu aus den Händen gerissen. Laut Microsofts Angaben wurden allein in den USA in den ersten 24 Stunden Kopien für 170 Millionen Dollar verkauft. Das ist neuer Rekord in der Videospielewelt, die die Filmstudios in Hollywood in Sachen Umsatz inzwischen überholt hat.
"Halo 3" ist für Microsoft eine Art Glücksbringer. Bereits der erste Teil des Spiels definierte die erste Version der Xbox und animierte viele Kunden zum Kauf des Gerätes. Der zweite "Halo"-Teil verkaufte sich sogar noch besser. Und nun, mit Variante 3, soll auch endlich der Xbox 360 zum profitablen Durchbruch verholfen werden.
Die Umsatzzahl vom 25. September katapultiert die Branche in ganz neue Dimensionen. Der zweitbeste Verkaufsstart eines Spiels, den der Titel "Spiderman 3" zuvor hingelegt hatte, lag bei etwas mehr als einem Drittel jener 170 Millionen Dollar. Kein Wunder, dass es sich Microsoft-Gründer Bill Gates nicht nehmen ließ, dem ersten Käufer ein eigenes kostenloses Exemplar in die Hand zu drücken. "Halo 3"-Parties mit Hollywood- und Musiksternchen gab's noch obendrauf - perfektes Marketing, weltweit über drei Tage abgewickelt, teilweise mit langen Schlangen vor den Läden. In den USA gab es sogar Universitäten, die ihre Professoren davor warnten, dass die Studentenschaft nach dem Kauf erst einmal krankfeiern würde.
Kritiker sehen zudem eine merkwürdige Verbindungslinie zum aktuellen Feldzug der USA gegen den Irak: Das Spiel wird in den USA mit dem Slogan "Finish the Fight" ("Beende den Kampf") beworben. Microsoft bestreitet derlei politisches Gedankengut, obwohl auch "Halo 3" vor Patriotismen und Militarismen strotzt.
Auch in Europa verkauft sich das Spiel dessen ungeachtet gut. Seit Mittwoch steht das Abenteuer um einen menschlichen "Supersoldaten" in den Läden, der eine heimtückische Alien-Rasse bekämpfen muss. Verkaufszahlen werden derzeit hier zu Lande noch nicht genannt, allerdings wird auch in Europa erwartet, dass "Halo 3" Rekorde bricht. Weltweit gab es bereits über 1,25 Millionen Vorbestellungen, mit bis zu 10 Millionen Stück Gesamtauflage wird laut Branchenkreisen gerechnet.
Wirklich große Innovationskraft besitzt "Halo 3" eigentlich nicht: Man rennt und ballert sich durch Dschungel, Militärbasen, Küstenabschnitte und schließlich Raumstationen. Die Story ist aber so spannend erzählt, dass sie süchtig machen kann. Hinzu kommt ein Online-Modus, der bereits bei den früheren "Halo"-Versionen eines der Hauptkaufargumente war: Zehntausende von Spielern auf der ganzen Welt treten über das Internet in Teams und Gruppen gegeneinander an, können auf Wunsch auch die Rolle der bösen Aliens übernehmen. Microsoft lockt Spieler mit einem kostenlosen Zwei-Tages-Gutschein in seine sonst nur im Abo erhältliche Online-Spielewelt "Xbox Live"
Grafisch ist "Halo 3" hingegen nur mittelprächtig gelungen - die Dialoge und Zwischensequenzen reichen allerdings aus, den Spieler in seinen Bann zu ziehen. Und dann gab's beim Verkaufsstart in den USA auch noch eine Panne: DVDs der extrateuren "Limited Edition" des Spiels wurden durch die verwendete Verpackung zerkratzt, Microsoft musste die Datenträger daraufhin auszutauschen.
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