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Methodenkritik

betr.: „Praktische Politik statt Mathe“, (SchülerInnen-Spontandemo für Mumia Abu-Jamal), taz vom 3. 12. 99

Es ist zu begrüßen, wenn sich ein politisch engagierter Teil der Schüler/innen des Hermann-Hesse-Gymnasiums in Kreuzberg für das Leben des zum Tode verurteilten Mumia Abu-Jamal einsetzt und spontan als Auftakt zur zentralen Nachmittagsdemonstration auf die Straße geht. Einigkeit besteht darüber, dass die Todesstrafe weltweit – sofern noch nicht geschehen – abgeschafft werden muss. Amnesty international, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und andere fordern gemeinsam mit den Schüler/innen die Aufhebung des Todesurteils – auch ich.

Trotzdem muss ich Methodenkritik üben: Am Tag des 2. 12. 99 stand morgens in den Zeitungen die Nachricht von dem von Schülern geplanten Lehrer/innenmord in Metten, Niederbayern. Die Mehrzahl der Lehrer/innen gingen angesichts der Nachricht etwas beunruhigt in ihren Unterricht. Plötzlich war der Feuermelder ausgelöst, Klassenraumtüren wurden aufgerissen, Türen und Tafeln wurden „beschriftet“, lautstarkes Rufen kam dazu. Der Aufruf zur Spontandemostration hätte ja auch ein Überfall mit tödlichen Konsequenzen sein kön- nen ..., die mitlaufenden Siebtklässler/innen wussten überhaupt nicht, worum es geht. Das positive Anliegen hatte ein konterkarierendes Element: Viele hatten schlichtweg Angst vor der hereinstürmenden Schüler/innenschar. Warum wurden unsere Schüler/innen/vertreter/innen nicht vorab informiert? Herfried Tietge, Lehrer an der Carl-von-Ossietzky-Oberschule, Kritiker der Todesstrafe

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor.

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