: Metamorphosen
Wie verwandelt sich das Massenprodukt in ein Unikat? Eine Ausstellung im Marcks-Pavillon dokumentiert den Versuch der Künstlerin Erika Plamann, dem Kitsch neue Würde zu verleihen
Reproduzierbarkeit: Das ist das große Schlagwort der Kunstdiskussion der 60er Jahre. Man diskutierte, welchen Wert die bloße Reproduktion eines Originals haben könnte und Museumsbesucher standen verständnislos vor Andy Warhols Vervielfältigung einer Suppendosen-Werbung und Roy Lichtensteins Verfremdung von Comic-Motiven.
Heute sind sie in jedem gut sortierten Papierwaren-Geschäft als Ansichtskarte zu bekommen und die Vorstellung, dass es in der Gegenwartskunst nicht um original Geschaffenes, gar um handwerkliche Meisterschaft geht, ist Allgemeingut. Dennoch kann die Auseinandersetzung mit der Frage nach Original und Kopie, nach Massenware und ihrer Verfremdung noch immer interessante Arbeiten hervorbringen. Die Bremer Künstlerin Erika Plamann nimmt Wachsabdrücke von massenweise hergestellten Originalen: Von Marien- und Engelsfiguren, Gartenzwergen und Puppenköpfen. Eine Auswahl davon ist in einer kleinen, aber anregenden Ausstellung im Pavillon des Gerhard-Marcks-Hauses zu sehen.
Erika Plamann verzichtet bei ihren Reproduktionen bewusst auf die Technik traditionell ausgebildeter Bildhauer, die Formen mit weichen Materialien wie Silikon abnehmen, die die Ursprungsform genau abbilden. Stattdessen benutzt Erika Plamann Wachs, wodurch Tonreste an den Figuren haftenbleiben, die sie zusätzlich noch bemalt.
Die Resultate sind frappierend: Madonnenfiguren, die wie alte Ausgrabungsfunde wirken, Gartenzwerge, denen das Strahlend-Unberührte genommen ist. „Ich will verkitschten Massenprodukten zu Individualität und Würde verhelfen“, sagt Erika Plamann zu ihren Objekten. Die Ausgangsformen findet sie beiläufig, in ihrem Alltag: Eine Madonna, die im türkischen Geschäft verkauft wird, eine andere auf der Straße bei einer Reise durch Kuba. Es ist das Mädchenhafte, Leblose, das sie an diesen Figuren irritiert, die sie in Versehrte, Gezeichnete verwandelt.
Besonders verstörend ist eine Säuglings-Figur, Abdruck einer Kinderpuppe, die, mit unglasiertem Ton bedeckt, wie das Opfer einer Gewalttat anmutet. Erika Plamann hat sie unter dem Eindruck des Irak-Kriegs geschaffen. Heiterer Gegenpunkt sind die Gartenzwerg-Figuren, die wie satirische Verfremdung und Befreiung in einem wirken.
Friederike Gräff
Die Ausstellung „Metamorphosen: Vom Massenprodukt zum Unikat“ wird heute um 19 Uhr eröffnet und ist bis zum 22.5. 2005 im Pavillon des Gerhard-Marcks-Hauses zu sehen