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Merkel besucht BelgradLiebe Worte, karge Ergebnisse

Bundeskanzlerin Merkel fordert von Belgrad mehr Fexibilität in der Kosovo-Frage. Doch Präsident Boris Tadic bleibt hart und mag keine Zugeständnisse versprechen.

Sind sich nicht einig: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Serbiens Präsident Boris Tadic. Bild: dapd

SPLIT taz | Das war kein leichtes Stück Arbeit für Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem gestrigen Besuch in Belgrad. Auf der Pressekonferenz am Dienstag mit Serbiens Präsident Boris Tadic wurden die Differenzen in der Kosovo-Frage deutlich. Während Merkel die serbische Führung mit klaren Worten aufforderte, den direkten Dialog mit der Kosovo-Regierung fortzusetzen, verbat sich Tadic jegliche Einmischung in dieser Frage.

Serbien, so Tadic, werde die Unabhängigkeit des Kosovo niemals akzeptieren, sei aber zu Verhandlungen über technische Fragen bereit.

Merkel machte in Belgrad dagegen klar, dass Serbien im Kosovo-Konflikt Konzessionen machen muss, um weitere Schritte in Bezug auf die Integration Serbiens in die EU voranzukommen. Serbien müsse "den Dialog mit der Regierung in Prishtina im Interesse einer Annäherung des Landes an die Europäische Union wieder aufnehmen", sagte Merkel in Belgrad.

Zugleich bekräftigte sie den Wunsch, Serbien eines Tages als Mitglied der EU begrüßen zu können. "Mein Besuch soll ein Bekenntnis sein, dass Deutschland sich wünscht, dass Serbien Mitglied der EU wird", sagte sie. "Wir glauben, dass Serbien nach Europa gehört."

Tadic möchte schon im Herbst in Verhandlungen mit der EU über den Beitritt des Landes beginnen, der Kandidatenstatus ist für ihn zu wenig. Angesichts der Wahlen im Frühjahr nächsten Jahres möchte er in dieser Frage Erfolge vorweisen können, sitzt ihm doch die Konkurrenz europakritischer nationalistischer Parteien im Nacken.

Die Umsetzung der von der EU geforderten Reformen in der Wirtschaft und im Justizbereich wird in Serbien Widerstände hervorrufen, doch Merkel hält diese nicht für unüberwindbar. Ohne Lösung des Kosovo-Problems aber ginge gar nichts. "Wir wünschen uns nicht nur Gespräche, sondern Resultate", so die Bundeskanzlerin.

Parallelstrukturen abbauen

Zudem müsse die EU-Rechtsstaatsmission Eulex die Möglichkeit erhalten, vernünftig im Kosovo zu arbeiten. Auch sei ein Abbau von kosovarisch-serbischen Parallelstrukturen in dem von einer serbischen Mehrheit bewohnten Nordkosovo notwendig.

Dies wäre gleichbedeutend mit der Integration der serbischen Bevölkerung des Nordens in den kosovarischen Staat im Rahmen des Ahtisaari-Plans, wobei die serbischen Gemeinden über weitgehende Autonomierechte verfügen. Doch die Kosovo-Frage ist in Serbien innenpolitisch emotional aufgeladen, Kompromisse nur schwer durchsetzbar.

Ein Angriff serbischer Extremisten auf das Gerichtsgebäude von Mitrovica im Kosovo begleitete den Besuch Merkels in Belgrad. Am 2. September sollen in Brüssel direkte Gespräche zwischen dem Kosovo und Serbien unter Aufsicht der EU wieder aufgenommen werden.

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5 Kommentare

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  • D
    Daniela

    Die "dumme Frage" ist nicht dumm. Eine Teilung des Kosovo ist X-mal auch erwogen worden, es gibt nur folgendes "Problemchen". Alle zu Staaten gewordenen jugoslawischen Republiken und auch das Kosovo als ehemalige Provinz sind genau in den Grenzen ihres bisherigen Bestehens innerhalb Jugoslawiens anerkannt worden - sozusagen als Tolerantzgrenze vor einer weiteren Zersplitterung. Deswegen kann derzeit die Republika Srpska (in Bosnien), Herceg-Bosna (kroatische Teil Bosniens, der Sandžak (teils in Serbien teils in Montenegro), der albanische Teil Mazedoniens und halt auch der Nordkosovo nicht unabhängig werden, obwohl diese Teile dies energetisch betreiben. Diese Büchse der Pandora wird wohl zubleiben müssen, oder man müsste sich erneut ans Reißbrett fürdie gesamte Region setzen, ganz von vorn beginnen und dann am Ende doch wieder in Kriegen landen. "Gerechte Lösungen" gibts hier nicht.

  • L
    Link

    Serbien muß hart bleiben. Es steht außer Frage, dass die Unabhängikeit des Kosovos rechtswidrig ist und so lange die Verbrechen der Kosovoalbaner im Bezug auf den Organhandel nicht ernst genommen werden und der Kosovo-Premier Thaci nicht endlich vor das Kriegsverbrechertribunal gestellt wird, so lange haben die Serben auch nicht mit der "Kosovo Regierung" zu verhandeln. Es ist auch das RECHT Serbiens sein Volk im Norden Kosovos zu schützen. Eine Stationierung serbischer Soldaten an der Imaginären Grenze im Norden kann man in so einem Fall nur begrüßen.

  • V
    vic

    Serbien sollte ich glücklich schätzen, nicht Mitglied der EU zu sein.

  • DF
    Dumme Frage

    Kann mir jemand das mal erklären?

     

    Wenn die Teilung einer mehrheitlich albanisch bevölkerten Provinz von Serbien von uns akzeptiert (genauer gesagt: herbeigebombt) wird, warum ist es dann eigentlich nicht erwünscht, dass sich ein mehrheitlich serbischer Teil vom Kosovo abspaltet?

     

    Mir scheint das eine einfache und gerechte Lösung des Problems zu sein...

  • B
    Bitbändiger

    Da die Lernfähigkeit der EU-Staats- und Regierungschefs erfahrungsgemäß sehr begrenzt ist, werden wir Serbien wohl demnächst als "Beitrittskandidaten" begrüßen dürfen. Ein weiterer Sargnagel am schönen Traum von einer respektablen, einigen und wirtschaftlich effizienten EU.

     

    Schon die Osterweiterung von 2004 war ein schwerer politischer Fehler - nicht im Hinblick auf die aufgenommenen Staaten (außer Teil-Zypern), sondern wegen der versäumten Radikalreform der "EU-Verfassung" und damit der überbordenden, sauteuren und extrem ineffizienten Institutionen. Mit jedem weiteren Mitglied wird das zwangsläufig schon nicht mehr "schwieriger", sondern inzwischen "noch unmöglicher".

     

    Rumänien und Bulgarien (2007) hätten - mit EU-Unterstützung - viele Jahre an die Mitgliedschaft herangeführt werden müssen; die Illusion, dass die Mitgliedschaft zu schneller Angleichung der Lebensverhältnisse führt, ist extrem blauäugig.

     

    Mit Serbien liegt der Fall noch einmal anders: Ein sehr großer Teil dieses Volks ist offenbar bei weitem noch nicht in der Lage, sich aus einer jahrhundertelangen extrem nationalistischen und agressiven Sozialisierung zu lösen, wobei mich nicht nur die anmaßenden Auftritte mancher Politiker, sondern vor allem "Volkes Stimme auf der Straße" nachdenklich machen. Die EU braucht keine weiteren Sprengsätze - die vorhandenen reichen völlig aus.