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Merkel-Kritik in ZDF-SendungGewerkschafterin geht Kanzlerin an

Bei „Klartext, Frau Merkel“ lassen einige Bürger ihrem Ärger freien Lauf. Eine Putzfrau kritisiert die CDU-Chefin heftig wegen zu niedriger Renten.

Zuschauerin Petra Vogel nimmt den Titel der Sendung wörtlich und fordert von Merkel klare Worte Foto: dpa

Berlin dpa | Es ist kein leichter Abend für Angela Merkel. Das ZDF hat für die Sendung „Klartext, Frau Merkel“ am Donnerstagabend eine Reihe von Studiogäste versammelt, bei denen sich großer Unmut über die Kanzlerin angestaut hat.

DIE GEBÄUDEREINIGERIN: Eine Hauptrolle an diesem Abend spielt Petra Vogel. Ein Einspielfilm stellt sie als Reinigungskraft in einem Bochumer Krankenhaus vor, die sich als Betriebsrätin engagiert. „Ein Knochenjob“, der auch noch schlecht bezahlt sei, heißt es. Im Studio will Vogel von Merkel wissen, warum in Deutschland nicht eine Bürgerversicherung wie in Österreich eingeführt werden könne. Dort bekomme eine Reinigungskraft mehr als 1.000 Euro Rente. Sie selbst gehe nach über 40 Jahren Arbeit mit 654 Euro in Rente.

Die Kanzlerin versucht es zuerst mit Entgegenkommen, meint sogar: „Ich glaube, dass das österreichische Rentensystem an der Stelle wirklich besser ist.“ Als sie dann die umstrittene Riester-Rente ins Spiel bringt, platzt Vogel dazwischen: „Von 1.050 Euro?“ Und schiebt hinterher: „Riester würd' ich sowieso nicht machen.“ Warum nicht, will die Kanzlerin wissen. Antwort: „Da ist nur Riester von reich geworden. Kein anderer.“

Als Merkel dann auf ihre Meinung pocht, schaltet sich eine Frau hinter Vogel ein: „Das ist ein Witz, was Sie erzählen. (…) Ich find‘ das unverschämt, die Frau mit so'ner Antwort zu bescheiden.“ Ein paar Minuten müht sich Merkel weiter, Vogel doch noch zu überzeugen – ohne Erfolg. Diese will dann nur noch wissen, warum Menschen hier nicht wenigstens eine Grundrente von 1.000 oder 1.050 Euro bekommen könnten – „und nicht nach 40 Jahren Arbeiten am Bahnhof rumstreichen müssen, um Flaschen und Dosen zu sammeln“. Was das ZDF nicht erwähnt, ist, dass Vogel Mitglied der Linkspartei in Bochum ist. Als Gewerkschafterin war sie auch schon Gast bei „Maybrit Illner“ im ZDF.

Nur jedem zweiten Afghanen wird Asyl gewährt

DER VERZWEIFELTE: Ein afghanischer Asylbewerber beklagt, er sei vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt worden, obwohl er als Journalist in seinem Land verfolgt werde. „Warum bekommen alle Afghanen eine Ablehnung? Diese Unsicherheit macht uns richtig fertig.“ Merkel entgegnet, 50 Prozent der afghanischen Asylbewerber würden akzeptiert. „Wir können ja nicht jedem das Zeichen geben: Du musst nur nach Deutschland kommen, da wirst du schon angenommen. Wir müssen das schon abwägen.“

DER VERLIEBTE: Ein syrischer Flüchtling, der nach eigenen Worten in Duisburg als Praxishelfer arbeitet, legt Merkel sein Herz zu Füßen: „Ich liebe Sie.“ Er fährt fort: „Die Frau Merkel ist die Beste nach meinem Papa und Mama, weil sie mit Herz arbeitet.“ Allerdings wünsche er sich, dass seine Frau endlich nachkommen könne. Zudem drohe ihm 2019 die Abschiebung. „Ich will nicht Tschüss sagen.“ Darauf Merkel: Sie könne ihm nicht garantieren, dass er in Deutschland bleiben könne. Wenn der Krieg in Syrien vorbei sein, müsse man prüfen: „Kann man da vielleicht auch zurückgehen?“

DER „MULTIKULTI“-MANN: Ein junger Deutsch-Türke hält der Kanzlerin vor, es gebe alltäglichen Rassismus in Deutschland. „Ich habe so viele Diskriminierungen in meinem Leben erfahren. Woran liegt das?“ Statt sich des Problems anzunehmen, komme immer wieder „die deutsche Leitkultur zum Vorschein“. Wenn die Union behaupte, „Multikulti“ sei gescheitert, sei das Rassismus. Merkel versichert: „Wo immer Sie rassistischen Vorurteilen begegnen, werden Sie mich an Ihrer Seite haben.“ Sie sei aber gegen „Multikulti“, bei dem man nebeneinander her lebe ohne gemeinsame Grundlagen.

DIE KOHLE-GEGNERIN: Eine Studentin fragt Merkel, wann sie ihrem früheren Titel als „Klimakanzlerin“ wieder gerecht werde und endlich die Braunkohlekraftwerke abschalte. Merkel beteuert: „Wir werden Wege finden, wie wir bis 2020 unser 40-Prozent-Ziel einhalten. Das verspreche ich Ihnen.“ Doch sei es dafür nicht nötig, bis 2020 komplett aus der Braunkohle auszusteigen. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, dass bis 2020 in Deutschland 40 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden.

Merkel: „Sind Sie selber ein bisschen Hacker?“

DER DATENSCHÜTZER: Ein junger Mann, der dem Whistleblower Edward Snowden ähnelt, hält Merkel vor, Deutschland sei auf dem Weg in einen Überwachungsstaat, der Staat mache sich quasi selbst zum Hacker. Die Kanzlerin erklärt, die Regierung müsse die richtige Balance zwischen Sicherheit und Bürgerrechten finden. Zugleich müssten aber auch die Voraussetzungen geschaffen werden, terroristischen Gefährdern das Handwerk zu legen. Zum Schluss fragt die Kanzlerin forsch: „Sind Sie selber ein bisschen Hacker?“

DIE MIGRATIONS-KRITIKERIN: Eine Frau hält der Kanzlerin vor, nach dem Zuzug von Flüchtlingen und Migranten gebe es hunderttausende alleinstehende Männer mit rückständigem Frauenbild im Land. Die Zahl der Vergewaltigungen durch Zuwanderer sei dramatisch gestiegen. Merkel entgegnet: „Es darf, wenn es um Kriminalität geht, überhaupt gar keine Tabuthemen geben.“ Es gebe schlimme Einzelfälle, Straftäter müssten das Land verlassen. „Aber das, was Sie jetzt hier als das große demografische Problem herausstellen, das sehe ich nicht.“ Und: „Wir sollten damit nicht alle unter einen Generalverdacht stellen.“

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8 Kommentare

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  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Frau Merkel hätte sagen müssen:

    Ja, das verstehe ich, aber ich habe einen schweren und schwarz-braunen Rucksack zu tragen, in dem Seehofer und eine Menge Kandidaten der CDU sitzen, die alle sehr fremdenfeindlich und unsozial sind und ich habe meine Mühe, nicht darunter zusammenzubrechen.

    Dann hätte sie den größten Beifall geerntet. Und mit Recht.

  • Auch in den Niederlanden gibt es ein anderes Rentensystem mit einer Grundrente in der genannten Höhe, wenn ein Minimum an Arbeitsjahren in NL erfüllt wurde. (Wenn ich mich recht erinnere sind das aber eher 35 als 45 Arbeitsjahre).

     

    Deutschland verliert langsam aber sicher auch sein Heldenansehen im europäischen Nachbarland, weil dort wenigstens die Altersarmut in D erkannt und angesprochen wird. In D gibt es ab und zu mal ein paar Zahlen, das war es dann aber auch, DENN: D geht es ja so gut, wie schon lange nicht mehr und ist sowieso ein Vorbild in Sachen Wirtschaft. Macron will es ja auch gerade nachmachen.

     

    Und ja: Wir haben ja Riester - oder hätten können...

     

    Das Thema wird mit 100%ger Sicherheit bei den nachfolgenden Bundestagswahlen ein sehr großes Thema werden. Wenn keine Tabletten für das sozialverträgliche Ableben verteilt werden, lässt sich das Problem irgendwann ob der Masse nicht mehr wegreden. Und die Flaschen zum Sammeln reichen dann auch nicht mehr für alle. So viel kann der Nicht-Rentner- und Nicht-Arbeitslosen-Rest gar nicht trinken und stehen lassen :-) Obwohl das für das sozialverträgliche Ableben vielleicht sogar "sinnvoll" wäre.

    • @Hanne:

      "Und ja: Wir haben ja Riester"

       

      Tolle Sache, diese Riester-Rente. Riesters Rente für alle - und es gibt keine Altersarmut mehr.

  • Oops, Pardon, ich habe den Rentenwert Ost verwendet.

    Da Frau Vogel aus Bochum stammt hat sie bei einem Rentenwert von 31,03€ etwas über 21 Rentenpunkte erwirtschaftet. Ein durchschnittlicher Beitragszahler kommt mit 45 Jahren auf 1396€Rente pro Monat im Westen.

  • nun, da die Frau Vogel nach eigenen Angaben auf 654€ (West)Rente kommt und der aktuelle Rentenwert bei 29,69€ liegt hat sie in "über 40 Jahren Arbeit" etwas mehr als 22 Rentenpunkte erwirtschaftet.

    Das sieht eher nach Halbtagsarbeit aus. Ein Arbeitnehmer mit durchschnittlicher Beitragsleistung ins Rentensystem erhält mit 45 Punkten/Jahren 1363€/Monat Rente.

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @Saccharomyces cerevisiae:

      Wer, ausser einem gutgezahlten Facharbeiter, hat noch einer durchgängige Erwerbsbiographie von 45 Jahren vorzuweisen?

      Ich war lange Zeit sehr krank gewesen und falle damit rententechnisch durch. Fragen Sie doch mal Eerwerbsunfähigkeitsrentner wieviel sie zum Leben haben.

      Das ist zynisch.

      Warum macht man es nicht einfach wie in Österreich oder den Niederlanden?

  • Da kann man auch die übrigen Hartz-Parteien angehen, nämlich SPD, Grüne, CSU und FDP.

    Alles eine fade Soße!

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Wie wäre es mal hier ein Rechnung aufzuzeigen, wieiviel an Steuern es kosten würde das Problem zu lösen?

    Ich sehe es nicht ein das meine Generationen keinen finanziellen Spielraum hat weil dafür Schulden gemacht werden, wenn soll so etwas durch Steuern bezahlt werden - schließlich kaufen sich die Parteien damit auch Stimmen.