„Menschen-Museum“ vor Schließung: Leichen werden wohl beerdigt
Das Museum mit Plastinaten früherer Menschen in Berlin wird wahrscheinlich geschlossen. Der Bezirk reagiert erleichertert.
Ein Ausstellungsverbot für die Exponate unter dem Fernsehturm ist damit rechtskräftig. Im Februar 2015 hatte das Museum als Ableger der „Körperwelten“-Ausstellung mitten im Zentrum der Bundeshauptstadt seinen Betrieb aufgenommen. Auf rund 1.200 Quadratmetern sollten dauerhaft 20 präparierte Leichen und 200 Körperteile ausgestellt werden. Die Eröffnung des „Menschen Museums“ war von Kirchen und Teilen der Politik heftig kritisiert worden.
Von Anfang an hatte der Berliner Stadtbezirk Mitte versucht, eine Eröffnung unter Hinweis auf die Würde Verstorbener zu verhindern. Nun hat sich der Stadtbezirk juristisch durchgesetzt. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts hatten in zweiter Instanz festgestellt, dass das „Menschen Museum“ eine Genehmigung benötigt, die der Bezirk Mitte aber verweigert.
Zum genauen Zeitpunkt der Museumsschließung wollte sich der Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte, Christian Hanke (SPD), noch nicht äußern. Zunächst müsse beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) ein entsprechender Antrag auf Vollzug der Schließung gestellt werden. Dies solle in den nächsten Tagen geschehen. „Ziel ist es, die Schließung des Museums schnellstmöglich zu erreichen und Gesetz und Recht umzusetzen“, sagte Hanke.
Die Museums-Kuratorin und Ehefrau von Plastinator Gunther von Hagens, Angelina Whalley, räumte ein, nun „sehr wahrscheinlich mit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts leben“ zu müssen und kündigte an, die Ausstellung entsprechend anpassen zu wollen. So solle es künftig für das zuständige Gesundheitsamt möglich sein, zu verifizieren, ob die Körperspender zu Lebzeiten wirksam der Plastination und der Ausstellung des Exponats zugestimmt haben.
Nach Vorlage der schriftlichen Gerichtsbegründung, die in den nächsten Tagen erwartet wird, werde zudem entschieden, ob weitere rechtliche Schritte möglich und sinnvoll seien, erklärte Whalley weiter. In dem Rechtsstreit steht den Museumsbetreibern theoretisch noch der Gang nach Karlsruhe im Rahmen einer Verfassungsklage offen.
Nach dem OVG-Urteil vom 10. Dezember 2015 sind die in dem „Menschen Museum“ gezeigten Plastinate Leichen im Sinne des Berliner Bestattungsgesetzes und unterliegen damit dem gesetzlich geregelten Ausstellungsverbot. Eine Ausnahmeregelung für wissenschaftliche Präparate in anatomischen Instituten sei in dem Fall nicht anwendbar, da der Betreiber eine zum Zweck der Ausstellung gegründete GmbH sei. (Az.: OVG 12 B 2.15).
Der Berliner Bischof Markus Dröge begrüßte, dass das Bundesverwaltungsgericht der Argumentation des Bezirks Mitte gefolgt sei. „Tote sind keine Ausstellungsstücke. Eine Leiche ist keine Sache, die für kommerzielle Zwecke vermarktet werden kann“, betonte Dröge. Die Würde des Menschen sei unantastbar und gehe über den Tod hinaus. „Deshalb setzen wir uns für eine würdige Gedenkkultur mit angemessenen Bestattungsformen ein“, erklärte der Bischof weiter.
Seit seiner Eröffnung im Februar 2015 hat das „Menschen Museum“ über 250.000 Besucher registriert. Weltweit besuchten bislang über 40 Millionen Menschen die „Körperwelten“-Ausstellungen, die nach Angaben des Berliner Museums bisher in über 20 Ländern und über 90 Städten in Europa, Afrika, Amerika und Asien zu sehen waren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!