Meinungsfreiheit in China: Dissident Liu geht in Berufung
Liu Xiaobos Anwalt ruft die internationale Gemeinschaft zu dessen Unterstützung auf. Das Urteil hat Empörung in Deutschland, der EU und den USA ausgelöst. Amnesty International zeigt sich besorgt.
PEKING afp | Der prominente chinesische Dissident Liu Xiaobo hat Berufung gegen seine Verurteilung zu elf Jahren Haft eingelegt. Liu habe die Berufung bereits am Dienstag vergangener Woche beim Gericht eingereicht, sagte sein Anwalt Shang Baojun am Montag. Sein Mandant glaube allerdings, "dass keine große Chance besteht, dass das Urteil geändert wird". Der Berufungsprozess gegen den 54-jährigen Schriftsteller dürfte nach Shangs Einschätzung binnen eines Monats beginnen. Der Anwalt rief die internationale Gemeinschaft auf, sich weiter für Lius Freilassung einzusetzen. Druck aus dem Ausland könne die Chancen für einen Erfolg in der Berufung erhöhen, sagte Shang.
Liu war am ersten Weihnachtstag von einem Pekinger Gericht wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" verurteilt worden. Der Schriftsteller war vor rund einem Jahr wegen der Veröffentlichung der Charta 08 festgenommen worden - eines von inzwischen rund 10.000 Menschen unterzeichneten Aufrufs für mehr Demokratie und Menschenrechte in China. Liu war schon einmal nach den pro-demokratischen Protesten auf dem Pekinger Tiananmen-Platz 1989 verurteilt worden.
Das Urteil gegen Liu hatte bei der Bundesregierung sowie bei der EU und der US-Regierung Empörung ausgelöst. Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay sprach von einer "neuen schwerwiegenden" Beschneidung der Meinungsfreiheit in China. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeigte sich besorgt über das Urteil und dessen Auswirkungen auf die anderen Unterzeichner der Charta 08. In Hongkong demonstrierten am Neujahrstag tausende Menschen für Demokratie in China und für die Freilassung Lius.
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