Mehr Wochenstunden für Gymnasiasten: Schnelles Abi sorgt langsam für Ärger
Direktoren und Eltern ärgern sich über die steigende Wochenstundenzahl für Gymnasiasten.
AbiturientInnen an Gymnasien müssen künftig mit mehr wöchentlichen Schulstunden rechnen als bisher. Dies ergibt sich den einheitlichen Bedingungen für das verkürzte Abitur "G8", das derzeit in allen Bundesländern eingeführt wird. An den neuen Sekundarschulen in Berlin kann dagegen das Abitur weiterhin nach 13 Jahren abgelegt werden. Genau das führt jetzt zu Unmut bei den Gymnasien.
Um die von der Kultusministerkonferenz (KMK) festgelegte Zahl von 265 Jahreswochenstunden zu erreichen, müssen OberstufenschülerInnen dort künftig sieben Grundkurse mehr belegen. Die Wochenstundenzahl steigt von derzeit mindestens 28 auf 33 Stunden. Zudem sollen, klagt Ralf Treptow, Gymnasialdirektor und Vorsitzender der Berliner Vereinigung der Oberstudiendirektoren, mehr Grundkurse für die Abiturnote Berücksichtigung finden. Damit sinke die Chance, den Notendurchschnitt des Abiturs durch das Streichen schlecht benoteter Kurse zu verbessern. Dies stelle eine Benachteiligung gegenüber den Sekundarschulen dar, die er für "verfassungsrechtlich fragwürdig" halte, so Treptow. Zustimmung bekommt er vom Landeselternausschuss (LEA), dem obersten Gremium der ElternvertreterInnen von Berlins Schulen.
Die Senatsbildungsverwaltung verteidigt die Umsetzung der KMK-Beschlüsse: "Wir haben damit die gleiche Wochenstundenzahl wie Baden-Württemberg", so Sprecher Jens Stiller. Brandenburg läge eine, Sachsen sogar zwei Stunden über Berlin. Dass an Sekundarschulen weniger Wochenstunden nötig seien, liege "in der Natur der Sache", so Stiller: Mit einem Schuljahr mehr erfüllten die SchülerInnen dort die Belegverpflichtung von 265 Jahreswochenstunden automatisch.
Dass künftig mehr Kurse in die Abiturnote einflössen, solle "der Motivation der SchülerInnen" dienen, so Stiller. Treptows düstere Prognose einer Verschlechterung der Abiturnote weist er zurück: Wer mehr Kurse in den Notendurchschnitt einbringe, könne sich auch verbessern statt verschlechtern, so der Sprecher des Bildungssenators.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wundert sich über die Kritik der Gymnasialvertreter: Sie seien bisher "vehement für die Verkürzung eingetreten", so Berlins GEW-Vorsitzende Rose-Marie Seggelke: Dass eine Verkürzung der Oberstufe um ein Jahr eine Erhöhung der Wochenstundenzahl mit sich bringe, sei die vorher bekannt gewesene Konsequenz daraus.
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