Mehr Verbraucherschutz: Guter Rat kostet 245 Millionen
Die Verbraucherzentralen fordern Geld von Staat und Unternehmen, um mehr als 200 neue Beratungsstellen zu eröffnen. Der Bedarf dafür steige stetig.
Die Verbraucherzentralen wollen die Zahl ihrer Beratungsstellen auf 400 verdoppeln - und fordern dafür 245 Millionen Euro jährlich sowohl vom Staat und als auch von der Wirtschaft. Das sagte Vorstand Gerd Billen vom Bundesverband Verbraucherzentrale am Dienstag in Berlin.
Bislang geben Bund und Länder 70 Millionen Euro für die Zentralen aus. "Wir werden der vielen Anfragen nicht mehr Herr", erklärte Billen auf dem Deutschen Verbrauchertag zur Begründung. Grund für die wachsende Nachfrage sei, dass es Verbrauchern immer schwerer fällt, Produkte zu vergleichen. Das sei kein Wunder bei beispielsweise 15.000 verschiedenen Stromtarifen, 2.600 Telekom-Konkurrenten, 11.000 ambulanten Pflegediensten.
Die Geschäftsbedingungen hält Billen für oft zu kompliziert. "Unübersichtliche Tarife dienen dazu, die Verbraucher zu verwirren", klagte der Verbraucherlobbyist. Besonders große Probleme hätten neben Geringverdienern die 24 Millionen Familien, da sie mehr Kaufentscheidungen als etwa Singles treffen müssen.
Insgesamt auf 400 will der Bundesverband Verbraucherzentrale vzbv die Zahl der Beratungsstellen erhöht wissen. Dazu müssten 210 weitere geschaffen werden. In dem
haben die Verbraucherschützer genau aufgelistet, in welchen Städten sie überall neue Beratungsstellen eröffnen würden - falls man ihnen genug Geld zur Verfügung stellte.Wegen der Wirtschaftskrise sieht Billen noch mehr Beratungsbedarf. Er nannte Käufer von Zertifikaten der US-Investmentbank Lehman Brothers als Beispiel, die sich an die Verbraucherzentralen wandten. Bisher könnten die Zentralen etwa in Finanzfragen aber pro Jahr nur 55.000 der rund 40 Millionen Haushalte in Deutschland beraten: Das sind nur 0,14 Prozent.
Billen gab das Ziel aus, dass 20 Prozent sich einmal im Jahr in der Nähe ihres Wohnortes beraten lassen können. Dass auch die Unternehmen Geld für die Beratung beisteuern sollten, begründete Billen so: "Wer vom Wettbewerb profitiert, sollte sich an den Kosten dafür beteiligen." Derzeit erledigten die Verbraucherzentralen das Beschwerdemanagement für viele Firmen, weil diese noch nicht einmal auf Reklamationen antworteten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von "guten Gründen", die Verbraucherzentralen zu finanzieren. Die CDU-Politikerin machte jedoch keine Zusagen, die Förderung zu erhöhen oder die Unternehmen per Gesetz zu einem Beitrag für die Beratung zu verpflichten. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) verwies darauf, dass die Länder für die Finanzierung der Beratungsstellen zuständig seien.
Die frühere Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) dagegen kritisierte im Deutschlandfunk, in den vergangenen zehn Jahren seien die Mittel für die Beratung immer weiter gekürzt worden. Vor allem den Landesregierungen warf sie vor, die Verbraucherpolitik als "Spardose" zu begreifen. Die Forderung der Verbraucherzentralen, die Unternehmen an der Finanzierung zu beteiligen, begrüßte Künast. "Unabhängige Beratung stellt man her, indem die, die den Profit haben, regelmäßig zahlen, aber an eine unabhängige Institution."
Merkel versprach, den Kampf gegen Datenmissbrauch trotz Kritik aus den Koalitionsfraktionen zu unterstützen. Beim Handel mit Adressen müsse es mehr Transparenz geben. Das Ziel sei, dass persönliche Daten grundsätzlich nur noch verwendet werden dürfen, wenn die Betroffenen zustimmen, sagte die Kanzlerin.
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