: Mehr Überwachung
Dänemarks Regierung präsentiert neues Gesetzespaket zum Kampf gegen den Terror. Mehr Befugnisse für Polizei
STOCKHOLM taz ■ Die Entdeckung einer möglichen dänischen Terrorzelle nahm die Regierung in Kopenhagen zum Anlass, gestern ein neues Antiterrorpaket zu präsentieren. Ein umfassendes Kameraüberwachungssystem öffentlicher Plätze und Gebäude soll helfen, mögliche Terroranschläge schneller aufzuklären. Zur vorbeugenden Überwachung erhält die Polizei neue Befugnisse beim Abhören von Telefongesprächen sowie zur Überwachung des Internetverkehrs. Außerdem soll der Verfassungsschutz umfassende Zugriffsrechte auf die Datenbänke der Finanz- und Sozialämter bekommen, da offenbar die sozialen Verhältnisse der Bürger als möglicherweise täterrelevant angesehen werden.
Auch sollen die Geheimdienste Einsicht in Passagierlisten des Flugverkehrs bekommen. „Einige Punkte werden unter dem Gesichtspunkt der Balance zwischen Sicherheit und Rechtssicherheit als zu weit gehend empfunden werden“, versuchte Premier Anders Fogh Rasmussen Kritik gleich abzufangen. Diese bezieht sich vorwiegend darauf, dass die Regierung jeden Ansatz vermissen lässt, sich mit den Gründen zu beschäftigen, die in Dänemark möglicherweise zum Entstehen eines terrorbereiten Milieus geführt haben.
Sieben 16- bis 20-Jährige wurden in den vergangenen Tagen in Dänemark festgenommen und sitzen unter dem Verdacht der Beteiligung an einer Terrorzelle mit Bezug zu zwei in Bosnien vor zwei Wochen verhafteten Terrorverdächtigen in U-Haft. Alle haben laut Polizei dänische Staatsangehörigkeit, stammten aus „dem Nahen Osten bzw. Balkan“, seien muslimischen Glaubens und „streng religiös“. Personen, die sie kennen, bezeichnen die Verhafteten als in Dänemark in sozial recht gut gestellten Migrantenfamilien aufgewachsene Personen, die von großer Frustration über ihre Lebensbedingungen geprägt seien.
Gerade aus Dänemarks muslimischen Kreisen war in der Vergangenheit Besorgnis geäußert worden, dass sich Jugendliche mehr und mehr in Gruppen absonderten, in denen der Kampf gegen „westliche Werte“ ein zentrales Identifikationsmerkmal ist. Uzma Ahmed Andresen, Vorsitzende der „Vereinigung für ethische Gleichstellung“, spricht von einem „Kampf um die Seelen“, der von gemäßigten und radikalen muslimischen Kräften geführt werde: „Viele fühlen sich als Weltbürger, die lieber für eine große Sache kämpfen wollen, als sich in einem Kopenhagener Vorort mit Problemen herumzuschlagen, die sie selbst nicht lösen können.“ REINHARD WOLFF
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