Mehr Schutz für den Präsidenten: Die Angst um Obamas Leben
Barack Obama hat nicht nur im Wahlkampf alle Rekorde gebrochen. Auch bei der eigenen Sicherheit wird seine Präsidentschaft neue Maßstäbe setzen.
Es waren nur 2 Millionen Dollar. Im Vergleich zu den 250 Millionen, die der zukünftige Präsident Barack Obama für Wahlwerbung ausgab, davon knapp 4 Millionen alleine für einen halbstündigen Spot zur besten Sendezeit, wirkt die Summe, die seine Sicherheit am Abend auf der Siegesfeier kostete, geradezu niedlich. Doch die 2 Millionen sind nicht einmal der Anfang. Sie sind nur der erste Höhepunkt der Sicherheits-, Bewachungs- und Abschirmungsstrategie, die Obama in der Vergangenheit begleitet hat und die in Zukunft noch viel stärker in den Mittelpunkt treten wird. Ihr Motor: die Angst.
Acht Monate vor der ersten Vorwahl und damit über anderthalb Jahre vor der Präsidentschaftswahl begann der Geheimdienst, Obama zu schützen - so früh wie bei keinem anderen anderen Präsidentschaftskandidaten zuvor. Seine Töchter werden mittlerweile unter Codenamen geführt, "Radiance" und "Rosebud" - Glanz und Rosenknospe. Am Abend der Siegesfeier in Chicago wurden die Feuerwehrmänner, die eigentlich nicht im Dienst waren, angewiesen, ihre Uniform mit nach Hause zu nehmen - für den Fall der Fälle. Gar nicht zu sprechen von den obligatorischen geräumten Straßen, Helikoptern und Sicherheitskontrollen für die Besucher.
All das sind nur Symptome dessen, was sich über Monate niemand auszusprechen traute, schon gar nicht laut, und das erst mit der gewonnenen Wahl langsam an die Oberfläche dringt: Obama wird der am stärksten geschützte Präsident, weil er der am stärksten gefährdete ist. Und das alles auf Grund seiner Hautfarbe. Am offensichtlichsten wurde der Wandel vom Kandidaten zum zukünftigen Präsidenten tatsächlich in der Nacht des Sieges: Bei seiner Ansprache trennte zum ersten Mal ein sieben Zentimeter dickes kugelsicheres Plexiglas die Menge von Obama. "Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet", sagte ein Sprecher des Geheimdienstes. Ob das Gleiche für seine Wähler gilt?
Bei John McCain wurde schon angesichts seines Alters offen die Frage gestellt: Was passiert, wenn er stirbt? Und Sarah Palin als Vize das Amt übernimmt? Das Gruseln angesichts dieser Möglichkeit bewog sicher einige Wähler, sich doch für den Demokraten zu entscheiden. Bei Obama war es erst er selbst, der das Thema in einer Fernsehdebatte anschnitt -das schließlich durch die an die Öffentlichkeit geratenen dilettantischen Vorbereitungen zweier junger Rechtsextremisten, Obama und Dutzende weitere Afroamerikaner zu ermorden, zumindest kurz aufbrandete. Doch eine offene Debatte gab es nicht. Im Vorfeld hätte das schließlich bedeutet, Hybris zu zeigen und von einem Sieg Obamas auszugehen - und damit Gefahr zu laufen, bitter enttäuscht zu werden. Jetzt ist es umgekehrt: Die Angst, den ersehnten Sieg, das gerade Gewonnene zu verlieren, ist zu groß, um ernsthaft über ein Attentat, gar ein gelingendes, auf Obama nachzudenken. Selbst die zahlreichen Medien, die über die noch zahlreicheren Sicherheitsvorkehrungen berichten, lassen nur zwischen den Zeilen anklingen, was der Schutz eigentlich verhindern soll.
Und das in einem Land, in dem der Tod durch Waffen an der Tagesordnung ist. Rund 30.000 Menschen werden in einem Jahr erschossen, in 232 Jahren vier Präsidenten. Einrichtungen, die Anhänger extremistischer Gruppen beobachten, sehen in ihnen eine zunehmende Bedrohung für den künftigen Präsidenten. Allerdings sprechen sie eher von einer Gefahr durch Einzeltäter. Die Dialektik der rechtsextremen Gruppierungen hält sich da nicht zurück: "Freunde, Nachbarn, Brüder und alle Weißen, die Schlacht hat gerade begonnen", schreibt ein Nutzer des Portals stormfront.org, eines Treffpunkts vor allem für US-amerikanische Rassisten. Und Thomas Robb, Direktor der extremistischen "Knights", sprach in der Erwartung eines Sieges Obamas von einem "Krieg zwischen unseren und den anderen Menschen".
Obamas Glück könnte sein, dass die Zeit für ihn spielt. Die kritischste Phase sind nach Ansicht der Sicherheitsexperten die Monate vor seiner Präsidentschaft. Ist er erst im Weißen Haus, mit seinen routinemäßigen Sicherheitsvorkehrungen, hätten es potenzielle Attentäter weitaus schwerer. "Ich bin sicher, Joe Biden wäre ein guter Präsident", sagte Obama in der Fernsehdebatte, in der er das Unaussprechliche ansprach. Er sei auch sicher, den besten Schutz der Welt zu genießen. Die Angst seiner Wähler konnte er damit nicht ausräumen. "I just pray that He will keep him safe", fasst es eine Wählerin zusammen. Die Alternative, so die Herausgeberin der kanadischen National Post, Diane Francis, sei "undenkbar".
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