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Mehr Rechte für Immigranten verlangt

Bundeskonferenz der Ausländerbeauftragten: In Deutschland geborene AusländerInnen sollen nicht mehr abgeschoben werden / Kritik an fehlenden Datenschutzregelungen  ■ Aus Hamburg Sannah Koch

Ein ehrenwertes Päckchen, das die Bundeskonferenz der Ausländerbeauftragten des Bundes und der Länder gestern in Hamburg auf den Weg schickten. Ob die Lieferung vom Empfänger angenommen wird? Mehr als fragwürdig.

Ein ganzes Bündel Kritik in Form von Nachbesserung zum Ausländergesetz schnürten die Beauftragten – zum Aufenthaltsrecht, Arbeitserlaubnisrecht und zum Asylbewerberleistungsgesetz. Aber vor allem wollen sie „ein neues Staatsziel“ ins Grundgesetz formuliert wissen – einen Paragraphen 20b: „Der Staat achtet die Identität der ethnischen, kulturellen und sprachlichen Minderheiten.“ „Eigentlich ja eine Selbstverständlichkeit“, wie Hamburgs Ausländerbeauftragter Günter Apel einräumt. Auf die Forderung hatte sich die Gemeinsame Verfassungskommission bereits mit Zweidrittelmehrheit geeinigt – die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nahm jedoch zwischenzeitlich wieder Abstand.

Das Ausländergesetz möchten die Beauftragten in drei Punkten geändert wissen: Das eigenständige Aufenthaltsrecht von EhepartnerInnen soll nicht erst nach vier Jahren in Kraft treten (Härtefallregelung bei gewalttätigen Ehemännern), hier geborene AusländerInnen sollen ein nicht mehr entziehbares Aufenthaltsrecht bekommen, und ImmigrantInnen der ersten Generation sollen ein Dauervisum erhalten.

Die Verschärfung des Arbeitserlaubnisrechts bezeichnete die Bundeskonferenz der Ausländerbeauftragten als „skandalös“: Seit einem Jahr können ImmigrantInnen ihren regulären Job verlieren, weil die Bundesanstalt für Arbeit angeordnet hat, daß deutsche und Unionsbürger ein Vorrecht auf deutsche Arbeitsplätze haben. Dies möchten die Ausländerbeauftragten „überprüft“ haben.

Kritik auch an Bundesinnenminister Manfred Kanther. Thema: Informationelle Selbstbestimmung – für Deutsche ein garantiertes Recht, für Ausländer ein Fliegenschiß. Der im Dezember letzten Jahres von Innenminister Kanther vorgelegte Gesetzentwurf zum Ausländerzentralregister (AZR) stempelt „Nicht-Deutsche“ zum „potentiellen Sicherheitsrisikio“, so die Kritik der Bundeskonferenz.

Seit 1953 werden im AZR massenhaft personenbezogene Daten ausländischer Staatsangehöriger erfaßt, doch Kanthers Entwurf dämmt diesen Datenwust nicht ein, sondern eröffnet neue Zugriffsrechte.

Für besonders bedenklich halten die Ausländerbeauftragten, daß die AZR-Daten mit der polizeilichen Inpol-Datei verbunden sind und zudem Verfassungsschutz und Nachrichtenbehörden unmittelbaren Zugriff bekommen sollen. Dies sei mit einer auf Integration und Gleichberechtigung orientierten Ausländerpolitik unvereinbar, monierte die Bundesbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen.

Und schließlich verabschiedeten die Ausländerbeauftragten einen Appell ans Wahlvolk. Unionsbürger, so Schmalz-Jacobsen, sollten sich an den Europawahlen am 12. Juni beteiligen. Dazu müssen sich EU-Ausländer allerdings schon bis zum 9. Mai im Wählerverzeichnis eintragen lassen.

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