: Mehr Platz für den kleinen Bruder
Bei der „Unerhörten Musik“ im BKA-Theater räumt der Cellist Thilo Krigar mit alten Minderwertigkeitskomplexen auf
Mit dem Cello lässt sich einiges anstellen: Es versteht von unten heraus zu grummeln, kann auch in die hohen Lagen kraxeln, und obwohl es eigentlich nicht sonderlich kratzbürstig ist, hat es doch den prominenten Stachel. Eine Art Prothese. Sie wurde ausgetüftelt, nachdem es die Musiker auf Dauer lästig fanden, das Instrument immer mühselig zwischen die Beine zu klemmen. Natürlich gibt es auch eine Reihe von prominenten Cellisten: Pablo Casals oder Mstislaw Rostropowitsch auf klassischem Terrain, und in der Jazz-näheren Impromusik haben Tom Cora und Hank Roberts dem Cello Räume geöffnet. Alles geht. Mittlerweile wird von dem Finnen-Trupp Apocalyptica selbst Heavy Metal aus dem Instrument gesäbelt. Aber lange Zeit schleppte sich das Cello doch mit einem Minderwertigkeitskomplex durch den Konzertbetrieb. Gebaut zwar wie eine große Geige, war es eben nur der kleine Bruder. Cello an sich heißt ja nichts anderes als -chen. Ein knapp gesagtes Violoncello. Das Kontrabasschen also. Dem in der Konzertmusik nur zögerlich bedeutsame Soloarbeit zugestanden wurde, was Thilo Krigar nun wirklich nicht mehr kümmern muss, wenn er heute in der Konzertreihe „Unerhörte Musik“ im BKA-Theater die Möglichkeiten des Instruments austestet. Natürlich geht es vornehmlich zeitgenössisch zu, wobei die Werke der Berliner Komponisten Aribert Reimann, Ares Pfisterer, Sibylle Pomorin und Krigar selbst mit spanischer und südamerikanische Musik von Gaspar Cassado und Alberto Ginastera konfrontiert werden.
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