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Archiv-Artikel

Mehr Hilfe für depressive Menschen

Koalitions-Politiker in NRW wollen die Behandlung von Depressiven verbessern und der Krankheit das Stigma nehmen. Schon Schulkinder sollen zukünftig über psychische Krankheiten aufgeklärt werden, sagt der CDU-Gesundheitsexperte

DÜSSELDORF taz ■ Sie gelten wahlweise als Irre oder als Trauerklöße, aber nur selten als normale Kranke. Menschen, die unter einer Depression leiden, haben es in der Gesellschaft nicht leicht. Um Depressionen vorzubeugen und psychische Krankheiten generell früher zu erkennen, fordern die Fraktionen von CDU und FDP in einem gemeinsamen Antrag an den Landtag mehr niedrigschwellige Angebote für Betroffene. Dazu gehört beispielsweise die psychologische Beratung von verhaltensauffälligen Kindern in Familienzentren. „Psychische Krankheiten gelten oft fälschlicherweise als persönliche Schwäche“, sagt der Vizevorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Rudolf Henke. Auch die Fraktion der Grünen beschäftigt sich mit diesem Thema und fordert in einem weiteren Antrag, die Hilfsangebote für psychisch Kranke zu verbessern.

Depressionen sind mittlerweile zur Volkskrankheit geworden. Nach einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation werden sie im Jahr 2020 nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Krankheit sein. Zirka 11.000 Suizide gibt es pro Jahr in Deutschland, die meisten von ihnen vor dem Hintergrund einer Depression oder einer anderen psychischen Erkrankung. „Das wirft ein Schlaglicht auf die Größe des Problems“, sagt Ulrich Hegerl, Leiter des deutschen Bündnisses gegen Depressionen und der Psychiatrischen Klinik der Uni Leipzig. „Wir haben ein recht gutes Gesundheitssystem, aber die Mehrheit der psychisch Kranken bekommt keine ausreichende Behandlung.“

Ende Januar kommt in NRW der Ausschuss für Gesundheit und Soziales zusammen, um über die Anträge der Fraktionen zu beraten und Experten zum Thema anzuhören. „Es liegt keineswegs alles im Argen“, sagt Henke. Gesundheitsorganisationen müssten Erfolge im Kampf gegen psychische Krankheiten aber häufiger austauschen. Auch ihre Stigmatisierung müsse stärker bekämpft werden. Schon in der Schule solle über psychische Erkrankungen aufgeklärt werden, fordert Henke. Zudem will der CDU-Vize die Gesundheitsförderung für Arbeitslose ausbauen, gerade im psychologischen Bereich. „Arbeitslosigkeit macht krank“, sagt er. Und kranke Arbeitslose ließen sich schwerer vermitteln. Hegerl vom Bündnis gegen Depressionen warnt allerdings davor, psychologische Beratung allzu freigiebig anzubieten: „Sie sollte nicht breit, sondern gezielt eingesetzt werden.“ Julia Groth