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Archiv-Artikel

Mehr Hilfe für den Storch

Landesregierung und Opposition in Nordrhein-Westfalen benehmen sich wie ein geschiedenes Ehepaar: Sie streiten um die Kinder. Gespräche über neues Kindergartengesetz stocken

VON KLAUS JANSEN

Die Verhandlungen um das neue nordrhein-westfälische Kindergartengesetz stocken. Familienminister Armin Laschet (CDU) und die Vertreter von Städten, Kirchen und Wohlfahrtsorganisationen werden sich in diesem Monat voraussichtlich nicht mehr auf die künftige Finanzierung der Kleinkinderbetreuung einigen. „Was uns bis jetzt vorgelegt wurde, ist noch nicht akzeptabel“, bestätigte Ernst Giesen, der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds NRW. Die Kommunen befürchten, dass ihre Jugendämter mit der wachsenden Verantwortlichkeit für Sprachförderung, Integration und Betreuung der Vorschulkinder überfordert werden. „Es gibt noch Informationsbedarf“, sagte Giesen der taz.

Ursprünglich sollten Grundzüge des neuen Kindergartengesetzes bereits im Dezember vergangenen Jahres vorgestellt werden. Nun dürfte es bis Februar dauern, bis das Konzept steht. Strittig ist neben dem Aufgabenzuwachs für die Kommunen vor allem die Finanzierung der Betreuungsplätze für Unter-Dreijährige, deren Zahl Laschet von aktuell 15.000 auf rund 45.000 im Jahr 2010 erhöhen will. Nach Informationen der grünen Landtagsfraktion sieht der Entwurf des Kindergartengesetzes eine Kürzung der Landesmittel für dieses Projekt vor. „Laschet muss sich beeilen, wenn er dieses Ziel noch erreichen will“, sagte die grüne Familienpolitikerin Andrea Asch. Aus Laschets Ministerium war gestern keine Stellungnahme zum Stand der Verhandlungen zu bekommen.

Auch die SPD äußerte heftige Kritik an der Familienpolitik der Landesregierung. Die Stagnation beim Ausbau der Betreuungsangebote sei „unverantwortlich“, sagte die Fraktionschefin und designierte Parteivorsitzende Hannelore Kraft. Auch die Förderung der von Laschet geplanten Familienzentren, in denen Betreuungs- und Hilfsangebote für Kinder koordiniert werden sollen, sei „kein großer Wurf“. Die Opposition hält die Finanzierung dieser „Allzweckwaffe des Ministers“ für unzureichend: Lediglich 1.000 Euro pro Einrichtung seien im Haushalt für dieses Jahr vorgesehen. „Das reicht nicht einmal für eine Halbtagsstelle“, sagte die Grüne Asch. „Dadurch ändert sich in vielen Kitas nur das Türschild.“

Die SPD warb gestern in Düsseldorf noch einmal für ihr Konzept eines bundesweit beitragsfreien Kindergartens. Der Parteivorstand der Sozialdemokraten hatte am Wochenende ein Modell beschlossen, dass eine schrittweise Aufhebung der Elternbeiträge vorsieht. Sie werde nachweisen, dass die Kosten in Höhe von 450 Millionen Euro allein in NRW aufzubringen seien, kündigte Kraft an. „Wenn wir Kindergärten als Bildungseinrichtungen begreifen, müssen wir dafür sorgen, dass auch alle Kinder hingehen. Das geht nur, wenn es keine Beiträge gibt“, sagte sie.

Die SPD will sich zudem für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einsetzen. Dies sei machbar, ohne das Kindergeld zu kürzen, sagte die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann, die bis Mitte Februar ein Finanzierungskonzept erarbeiten will. Berechnungen des Städte- und Gemeindebunds, die die Kosten für das sozialdemokratische Wohlfühlpaket auf neun Milliarden Euro beziffert hatten, wies Dieckmann als „Kampfzahlen“ zurück. Sie sei sicher, dass 2,5 Milliarden Euro ausreichten. CDU-Fraktionsvize Ursula Doppmeier nannte die Berechnungen dagegen „unredlich“ und sprach von einer schlecht finanzierten „Mogelpackung“.