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Medizinische Hilfe für IllegaleTödliches Warten

Nach dem Tod eines Flüchtlings entflammt Debatte über anonymen Krankenschein erneut.

Völlig unerwartet kam der Anruf aus dem Krankenhaus. Am Mittwoch erfuhr Dagi Knellessen von der Medizinischen Flüchtlingshilfe: Julio Canales ist tot. Er war illegal in Deutschland und hatte sich trotz seiner chronischen Krankheit nicht getraut, zum Arzt zu gehen. "Er hätte nicht sterben müssen", sagte Knellessen am Freitag der taz. Die Berliner Initiative setzt sich seit langem dafür ein, dass ein anonymer Krankenschein eingeführt wird. Damit könnten Illegale zu einem Arzt ihrer Wahl gehen und würden bei der Abrechnung der Kosten nicht zu identifizieren sein. Im Senat gibt es Zuspruch zu dieser Idee, doch hat er sich bisher nicht zu einer Lösung entschlossen - obwohl mit diesem Schein Julio Canales wahrscheinlich noch am Leben wäre.

Der Venezolaner, Jahrgang 1967, lebte etwa seit 20 Jahren in Deutschland. Seine Familie hatte ihn verstoßen, weil er homosexuell war. Ende Juli wandte er sich an die Medizinische Flüchtlingshilfe, diese vermittelte ihn an einen Arzt, der ehrenamtlich arbeitet. Vor einer Woche kam er dann ins Krankenhaus, weil HIV im fortgeschrittenem Stadium festgestellt wurde. "Aids kann man heute in den westlichen Industrienationen behandeln", sagte Knellessen. Canales Angst, abgeschoben zu werden, habe ihn jedoch so lange zögern lassen, zum Arzt zu gehen, bis die Krankheit zu weit fortgeschritten gewesen war.

"Ärzte haben eine Behandlungspflicht, ansonsten unterliegen sie der Schweigepflicht und müssen Illegale nicht melden", erklärt Ysabel Vornhecke, die für die Medizinische Flüchtlingshilfe mit dem Senat Verhandlungen über den anonymen Krankenschein führt. "Wir bekommen für den Krankenschein sehr viel Zuspruch im Gesundheitssenat", sagt sie. Allerdings: "Ich rechne nicht damit, dass er im nächsten Jahr durchgesetzt wird." Ohne es offen auszusprechen, klagt sie den Innensenat an, die Lösung zu blockieren. "Ordnungsrecht darf nicht Menschenrecht brechen", sagt Vornhecke. Der Senat war gestern für eine Stellungsnahme nicht zu erreichen.

Der anonyme Krankenschein soll verhindern, dass Asylbewerber identifiziert werden können. Würde ihnen ein solcher Schein ausgestellt, könnten sie frei den behandelnden Arzt wählen und wären nicht mehr auf das ehrenamtliche Ärzte-Netz der Medizinischen Flüchtlingshilfe angewiesen. Der Arzt wiederum könnte mit dem Schein ordnungsgemäß seine Leistung abrechnen - ohne dass das Sozialamt nachher den Flüchtling identifizieren und melden kann.

"Der anonyme Krankenschein wäre ein guter Schritt", sagte Heidi Kosche, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus. Medizinische Versorgung sei ein Grundrecht. "Außerdem: Wenn wir kranke Menschen rechtzeitig behandeln, ist das auch ein Schutz für alle BerlinerInnen, die sich dann nicht mehr anstecken können", so Kosche.

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5 Kommentare

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  • B
    beate

    wie passend, dass dieses Jahr eine Vertreterin der medizinischen Flüchtlingshilfe als Heldin für den Panterpreis nominiert worden ist!!

    sicherlich auch eine gute Gelegenheit, um weiter in den Medien auf den anonymen Krankenschein hinzuweisen. Zeit, dass es ihn endlich gibt.

  • N
    Name

    Geht's eigentlich noch? Fällt Euch kein anderer Kommentar ein, als ein von Neid geleitetes "will auch"? Bei so viel Mitgefühl und Menschlichkeit wundert mich auch, dass Flüchtlingen das Geld nicht aus den Taschen quillt, mit dem sie sich privat abrechnende Ärtze leisten können.

    Ganz typische Haltung für diese Gesellschaft: Wenn es mir (sozial) nicht gut geht, soll es anderen noch schlechter gehen...

     

    Wenn man sich das tägliche Elend von Menschen ohne legalen Status vor Augen führt, wäre der anonyme Krankenschein immerhin ein kleiner Schritt in Richtung menschenwürdiges Leben in diesem Land, das immerhin zu den reichsten der Welt gehört. Viel Erfolg!

  • N
    Name

    Geht's eigentlich noch? Fällt Euch kein anderer Kommentar ein, als ein von Neid geleitetes "will auch"? Bei so viel Mitgefühl und Menschlichkeit wundert mich auch, dass Flüchtlingen das Geld nicht aus den Taschen quillt, mit dem sie sich privat abrechnende Ärtze leisten können.

    Ganz typische Haltung für diese Gesellschaft: Wenn es mir (sozial) nicht gut geht, soll es anderen noch schlechter gehen...

     

    Wenn man sich das tägliche Elend von Menschen ohne legalen Status vor Augen führt, wäre der anonyme Krankenschein immerhin ein kleiner Schritt in Richtung menschenwürdiges Leben in diesem Land, das immerhin zu den reichsten der Welt gehört. Viel Erfolg!

  • B
    Beobachter

    Es geht auch ohne Krankenschein.

    Bar bezahlen!

     

    Naja. Wenn es die anonymen Krankenscheine eines Tages geben sollte, dann möchte ich auch einen bekommen.

  • G
    Gesundsterber

    "Ärzte haben eine Behandlungspflicht"

     

    Wie kommt es dann, dass ich ohne Ablatzen von 10 Öcken erst gar nicht in's Wartezimmer gelange? ;)