Medienpolitik der LBBW: Nur für geladene Gäste
Die LBBW Stuttgart spricht nur mit handverlesenen Journalisten. Dabei ist sie kein privates Geldinstitut, sondern Deutschlands größte Landesbank.
Dass manche Mächte in Stuttgart nichts von engagiert-kritischer Medienberichterstattung halten, ist hinlänglich bekannt. Die Liste ist lang, und neben Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Deutschlands größtem Abozeitungshaus SWMH (Stuttgarter Zeitung, Süddeutsche) gehört wohl auch die eben erst mit Steuerzahler-Milliarden gerettet Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) dazu. Hier lud man vergangene Woche nur eine Handvoll Medien zum Gespräch mit dem neuen LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter ein - ARD, ZDF und zwei Nachrichtenagenturen mussten draußen bleiben.
Am Donnerstag wurde von den LBBW-Trägern, darunter Sparkassen, das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart, ein "Restrukturierungsplan" abgesegnet, der es in sich hat: Jeder vierte Job im LBBW-Reich fällt weg, pro Jahr sollen 700 Millionen Euro gespart werden. Die für die Aufsicht bei der LBBW zuständigen Politiker gaben nach der Sitzung brav Statements für die Kamera, nur der schon zu seiner Zeit als Chef der Landesbank Berlin öffentlichkeitsscheue Bankenchef Vetter blieb für die meisten Medien unsichtbar. Lediglich eine Handvoll JournalistInnen - darunter der Agenturen Reuters und dpa sowie der Stuttgarter "Hausblätter" Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten - waren am Donnerstagabend zum Pressegespräch bei Vetter geladen. VertreterInnen des Südwestrundfunks (SWR) und damit der ARD sowie des ZDF waren nicht willkommen, genauso wenig die Agenturen AP und ddp: "Es hieß von der Pressestelle, alle elektronischen Medien wären ausgeschlossen, eine Begründung gab es nicht", sagt Rudolf Rauschenberger, Leiter des ZDF-Studios Stuttgart. Die beim SWR zuständige Redakteurin Uschi Strautmann bekam immerhin noch den Hinweis, "dies sei eine freie Entscheidung von Herrn Vetter". Dabei ist die LBBW kein privates Geldinstitut, sondern Deutschlands größte Landesbank.
Auch die Nachrichtenagenturen ddp und AP mussten draußen bleiben - was für AP-Deutschland-Chef Peter M. Gehring einen klaren Wettbewerbsverstoß darstellt, da die Konkurrenz von Reuters und dpa ja zugelassen war. "Das ist Manipulation und Verhinderung von freier Berichterstattung", so Gehring, "es kann doch nicht sein, dass sich eine öffentliche Landesbank, die mit öffentlichen Geldern gestützt wird, aussuchen kann, mit wem sie redet und mit wem nicht".
Das sieht die LBBW anders: Man habe sich "auf ausgewählte Printmedien konzentriert, die uns traditionell besonders intensiv begleiten", so ein LBBW-Statement. Über die "zwei führenden Nachrichtenagenturen" sei zudem "eine bundesweite Verbreitung der Informationen" sichergestellt. "Insofern können wir beim besten Willen nicht erkennen, dass die LBBW nicht ausreichend (…) informiert hat.". Das wird nicht reichen: Von einer öffentlich-rechtlichen Bank erwarte man "weitergehende Transparenz", verurteilten die Grünen in Stuttgart die LBBW-Politik.
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