Medien: Rettungskampagne für "Berliner Zeitung"
Pressesprecher und PR-Experten aus Vereinen und Verbänden sorgen sich in einem offenen Brief um die Existenz der "Berliner Zeitung". Drastische Sparmaßnahmen bedrohten auch die Unabhängigkeit der Redaktion und der Berichterstattung
Post für Josef Depenbrock: Der Chefredakteur der Berliner Zeitung, der in Personalunion als Geschäftsführer des Berliner Verlags drakonische Sparmaßnahmen durchdrücken will, hat jetzt auch die PressesprecherInnen prominenter Verbände und Institutionen gegen sich, die in Berlin ihren Sitz haben. Es ist ein bislang einmaliger Vorgang, dass sich PR-Menschen so offen um das Wohl eines Blattes sorgen.
"Auch wir als Pressesprecher und Kommunikationsverantwortliche der unterschiedlichsten Institutionen (…) brauchen die Berliner Zeitung als unvoreingenommenen, kritischen Begleiter unserer Arbeit", schreiben unter anderem Vertreter von Stiftung Warentest, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft und des BUND an Depenbrock: "Diese Bedeutung der Berliner Zeitung sehen wir akut bedroht."
Denn der von Depenbrock verkündete Wegfall der Medienseite sowie die Auslagerung von Redaktionsseiten an externe Dienstleister sowie die Zusammenlegung diverser Redaktionen in ein Großressort sei nicht ohne gravierende Qualitätsverlust zu haben. Die Unterzeichner appellieren an Depenbrock, seine Doppelfunktion als Chefredakteur und Geschäftsführer zu beenden. "Nehmen Sie die bereits umgesetzten und geplanten Stellenkürzungen in der Redaktion und im Verlag der Berliner Zeitung zurück", heißt es in dem offenen Brief, der der taz vorliegt. Zudem wird ein Konzept verlangt, "wie die journalistische Qualität der Berliner Zeitung erhalten und weiterentwickelt werden kann".
Eine Zeitung sei "kein x-beliebiges Investment", so das Schreiben weiter. Sie könne daher nicht im gleichen Sinne Finanzinvestoren "gehören", wie dies bei einem Autozulieferer oder einem Hersteller von Badezimmerarmaturen der Fall sei. "Sie gehört auch der Öffentlichkeit, über die und für die sie berichtet". Diese gesellschaftliche Funktion als "Watchdog" könne eine Zeitung jedoch nur erfüllen, wenn diese Funktionen gleichrangig neben - durchaus legitimen - Renditeerwartungen stünden. "Davon kann nach allem, was gegenwärtig von der Berliner Zeitung zu hören ist, keine Rede sein."
Die Verbandsvertreter, zu denen auch der Bauernverband, die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, der Bundesverband Neuer Energieanbieter sowie der Deutsche Mieterbund zählen, kritisieren insbesondere Depenbrocks Doppeljob als Chefredakteur der Berliner Zeitung und Geschäftsführer der deutschen Unternehmer der Mecom-Gruppe, die vom britischen Investor David Montgomery geführt wird. Diese gefährde "die redaktionelle Unabhängigkeit der Berliner Zeitung".
Die "überzogenen Renditeerwartungen der Mecom Group" sollten nun durch "radikale Kostensenkungen, Stellenstreichungen sowie ein Outsourcing redaktioneller Kernaufgaben" erreicht werden, doch mache dies eine professionelle, qualitativ hochwertige redaktionelle Arbeit unmöglich. Und schon heute hätte die Unsicherheit über die publizistische Zukunft des Blattes dazu geführt, "dass zahlreiche hoch qualifizierte Journalisten das Blatt bereits verlassen haben". Diese Entwicklung, so das Fazit der UnterzeichnerInnen, "gefährdet die Berliner Zeitung in ihrer Existenz und untergräbt die Basis für professionellen Journalismus".
Ob die UnterzeichnerInnen allerdings eine Antwort von Depenbrock erhalten werden, der sich seit Monaten öffentlichen Anfragen verweigert, darf getrost bezweifelt werden.
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