WIKILEAKS-VERÖFFENTLICHUNGEN : Medien streiten über Guantánamo-Akten
BERLIN | Die britische Tageszeitung Daily Telegraph veröffentlicht im Internet die vollständigen und unzensierten Guantánamo-Akten von 759 Häftlingen. Neben Fotos und Geburtsdaten der Inhaftierten finden sich dort detaillierte Angaben zu ihrer Verhaftung sowie zur Einschätzung ihres Gefahrenpotenzials.
Eine Veröffentlichung, die David Leigh, Investigativreporter der britischen Zeitung Guardian, scharf kritisiert. Er warf der Zeitung via Twitter vor, keine Moral zu haben – weil in den Akten US-Informanten namentlich genannt seien, Krankenakten und sexuelle Übergriffe veröffentlicht würden. Diese Kritik des Guardian-Journalisten am Telegraph ist auch Ausdruck eines publizistischen Gerangels: WikiLeaks-Mitgründer Julian Assange hatte sich mit dem früheren Partnermedium Guardian überworfen, kündigte der Zeitung die exklusive Zusammenarbeit auf und wählte stattdessen den Telegraph als Medienpartner. Dort und in der Washington Post sollten die Guantánamo-Akten ursprünglich exklusiv verarbeitet werden. Guardian und New York Times gingen die Akten jedoch aus anderer Quelle zu. Als die WikiLeaks-Alliierten davon erfuhren, zogen sie wiederum ihre Veröffentlichungen vor, um Guardian und Times auszustechen. Für das ebenfalls mit WikiLeaks verbandelte Wochenmagazin Spiegel ging das zu schnell, nur die Onlineausgabe brachte bisher was zu dem Material. (taz)