Mediation auf der Admiralbrücke: Ruhe jetzt!
Mediatoren vermitteln auf der Admiralbrücke zwischen Feierlustigen und genervten Anwohnern. Erste Bilanz: Die Lage entspannt sich. Aber nur mit Hilfe der Polizei.
Nächtliches Grölen, nach Pisse stinkende Hauseingänge und vermüllte Straßen - das Nachtleben auf der vor allem bei Touristen beliebten Kreuzberger Admiralbrücke sorgt seit zwei Jahren für massive Beschwerden von Anwohnern. Zwei Mediatorinnen und die Polizei versuchen nun seit Sommerbeginn zwischen genervten Anwohnern und den bis zu 250 Besuchern, die sich dort allabendlich einfinden, zu vermitteln.
"Das nächtliche Musizieren hat schon deutlich abgenommen", zog Sosan Azad am Freitag die erste Zwischenbilanz. "Die Anwohner sollen schlafen können, trotz der Nutzer auf der Brücke", erklärte der stellvertretende Bezirksbürgermeister Peter Beckers (SPD).
"In 95 Prozent der Fälle kommen wir mit den Besuchern ins Gespräch", sagte Sosan Azad. Sie ist eine der beiden Mediatorinnen, die seit Mai dreimal wöchentlich auf der Brücke östlich des Urbanhafens ihren Infostand aufbauen und die verschiedenen Interessengruppen an einen Tisch bringen. Die nötigen 18.000 Euro kommen vom Senat. Zudem laufen Polizeibeamte Streife. "In den letzten zwei Jahren gingen täglich Beschwerden ein", begründete Frank Schattling, Leiter der verantwortlichen Dienststelle, die verstärkte Präsenz der Ordnungshüter.
Es scheint zu helfen. Sie könne besser schlafen, erzählte eine Anwohnerin, die sich mit 20 Nachbarn in der Initiative Admiralkiez engagiert. "Aber wenn die Polizei weg ist, platzt die Bombe wieder", sagt die Anwohnerin. Ihren Namen möchte sie nicht nennen, da sie nach einem Auftritt in einer Fernsehsendung massiv bedroht worden sei.
Lange habe man den Anwohnern unterstellt, sie seien Yuppies, die erst in den Szenekiez ziehen und sich dann über Lärm beschweren. "Wir leben schon Jahrzehnte hier und wollen, dass die Brücke genutzt wird, aber schlafen wollen wir auch", verteidigt sie sich. Eine dauerhafte Polizeipatrouille wolle die Initiative jedoch nicht. "Wir hoffen auf einen Verhaltenskodex der Stammnutzer, an dem sich auch die Touristen orientieren."
Das Pilotprojekt läuft bis November und könne bei Erfolg auch für andere Problemecken wie den Görlitzer Park angewendet werden, erklärte Beckers. Mit den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR) gibt es Gespräche über die Entsorgung des Mülls, der auf der Brücke und in der Umgebung anfällt.
Zudem wurde ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, bis Ende August können Vorschläge zur Lösung des Problems eingereicht werden. Sogar ein Vorschlag aus den USA sei schon eingetroffen, verriet Azad.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was