■ MediaBazaar: Astra-Chef Pierre Meyrat entlassen
Pierre Meyrat, seit deren Gründung 1985 Direktor der Luxemburger Astra-Betreibergesellschaft SES, mußte zehn Tage vor dem Start des nächsten Satelliten seinen Hut nehmen. Schon im Sommer war Meyrat in die Schußlinie geraten, nachdem englische Zeitungen berichtet hatten, er führe Gespräche mit den vier Astra-Großkunden Murdoch, Bertelsmann, Kirch und der niederländischen Nethold mit dem Ziel, diesem Konsortium ganze Satelliten exklusiv zu verpachten.
Solche einseitigen Verhandlungen aber gaben der Kritik der vielen kleineren Bewerber um einen Astra-Kanal an der Vergabepraxis des privaten Unternehmens weiteren Auftrieb. Inzwischen findet die Forderung von arte-Chef Jérôme Clément nach einer Untersuchung des SES-Geschäftsgebarens durch die EG-Kommission selbst in Teilen der EG-Bürokratie Rückhalt.
Diese Entwicklung kann der SES nicht gleichgültig sein. Wenn die EG-Kommission schon die Medien-Service GmbH (MSG) wegen des befürchteten Monopolcharakters unter die Lupe nimmt, dann muß die Bevorzugung der großen Player im europäischen TV-Geschäft durch den Quasi- Monopolisten SES allmählich auch Argwohn wecken.
Denn neben den SES-Großkunden Bertelsmann und Kirch ist auch der dritte MSG-Partner, die Telekom, mit im Spiel: Sie ist seit diesem Frühjahr zweitgrößter SES-Aktionär. Das TV-Kartell wäre also perfekt.
Daß die Luxemburger RTL- Mutter CLT durch Meyrats Politik ins Hintertreffen geraten könnte und sein Raumschmiß deswegen von der Luxemburger Fraktion unter den SES-Anteilseignern vorangetrieben worden sei, wie manche Beobachter meinen, klingt weniger plausibel. Schließlich hat sich die CLT gerade erst vier Satellitenkanäle bei Eutelsat gesichert.
Vielmehr mag auch mitspielen, daß eine bevorzugte Vergabe von Astra-Transpondern an anglo-germanische Anbieter die Chancen weiter mindert, daß Astra sich endlich auch auf den ausbaufähigen Satellitenmärkten in Frankreich, Italien und Spanien durchsetzen kann.bisch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen