McCain ist Republikaner-Kanditat: Der lachende Dritte
Während Clinton und Obama sich gegenseitig schwächen, sagt John McCain: "Der Kampf beginnt heute Nacht". Der Republikaner ist ofizieller Präsidentschaftskandidat.
TEXAS/OHIO taz John McCain kann nun endlich die Reden halten, die er seit einem Jahrzehnt ersehnt. Nach seinen Siegen bei den Vorwahlen in Ohio und Texas erklärte sich der 71-jährige Senator aus Arizona zum Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei. Vor einem jubelnden Publikum zahlungskräftiger Unterstützer in einem Ballsaal in Dallas, Texas hatte McCain kurz nach Bekanntwerden seines Erfolgs keinen Zweifel daran gelassen, dass der Kampf ums Weiße Haus und damit gegen Hillary Clinton oder Barack Obama eingeläutet sei. "Freunde, steht auf mit mir", rief McCain, "steht auf und kämpft für Amerika, für seine Stärke, seine Ideale und seine Zukunft! Der Kampf beginnt heute."
Zwist beim Nominierungsparteitag der US-Demokraten im Sommer scheint unausweichlich: Nach den Erfolgen Clintons ist es noch unwahrscheinlicher geworden, dass sie oder Obama genügend Delegiertenstimmen für eine Nominierung zusammenbekommt. Zünglein an der Waage werden dann die "Superdelegierten", die auf dem Parteitag bei der Stimmabgabe unabhängig sind; sie machen 796 von 4.049 Delegierten aus. Laut der Internetseite realclearpolitics.com sprachen sich bislang 241 von ihnen für Clinton und 202 für Obama aus. Der Rest lässt
seine Entscheidung noch offen. Bisher kommt Obama laut einem Zwischenergebnis auf realclearpolitics.com auf 1.542 Delegierte, während Clinton bei 1.447 Delegierten liegt.
Hillary Clinton, die am Dienstag drei Siege bei den Vorwahlen in Rhode Island, Ohio und den texanischen Primaries errang, reagierte ähnlich entschlossen: Sie stellte die Möglichkeit einer gemeinsamen Präsidentschaftskandidatur mit ihrem Kontrahenten Barack Obama in Aussicht. "Die Wähler müssen nur noch entscheiden, wer an der Spitze stehen soll" sagte Clinton auf CBS. Ihr Optimismus ist verständlich, ist es ihr doch gelungen die Siegesserie Obamas zu stoppen - und damit sein viel bewundertes Gewinner-Image mit 12 Vorwahlsiegen in Folge anzukratzen.
Für Hillary Clinton war es ein unglaublich wichtiger Sieg, denn noch am Wahlmorgen hatten zahlreiche Kommentatoren ihre endgültige Niederlage und damit ihr Ausscheiden aus dem demokratischen Rennen ums Weiße Haus erwartet.
"Für alle, die schon mal gestolpert, aber nicht gefallen sind, und für alle, die hart arbeiten, aber nie aufgeben - dieser Sieg ist für euch!", rief Clinton ihren Anhängern zu. "Diese Nation kommt zurück, genauso wie diese Kampagne wieder aufersteht!" Genüsslich nutzte Clinton die Tatsache, dass es noch nie einen US-Präsidenten gab, der nicht auch Ohio für sich entscheiden konnte. "Wie Ohio wählt, so wählt die Nation!", sagte sie. Womit sie auch unzweideutig klarmachte, dass sie keineswegs aufgeben wird und nun alle Mittel einsetzen wird, die ihr zum Sieg verhelfen könnten. "Yes, we will"", rief Clinton mehrmals - und der Satz klang merkwürdig vertraut. "Yes, she will", antwortete der Sprechchor ihrer Fans immer wieder.
Obgleich bis Redaktionsschluss die letzten Berechnungen, wie viele Delegiertenstimmen beide Bewerber vor allem in Texas kompliziertem System errungen haben, noch nicht vorlagen, bleibt eines aber, wie es war: Clinton wird Obamas leichten Vorsprung bei den pledged delegates, den gebundenen Delegierten, nicht wettmachen können. Mathematisch gesehen hat Clinton also nicht gewonnen und Obama nicht verloren.
Trotz dieser Gewissheit wirkte Barack Obama, der eigentlich in San Antonio, im südlichen, hispanischen Texas eine Siegesfeier geplant hatte, sichtlich frustriert. Mit kaum einem Lächeln erklärte er einer ratlosen Menge, dass die Wahlergebnisse des Abends wohl nichts an dem grundlegenden Fakt ändern würden, dass er bei den Delegiertenzahlen vorn liege und "auf dem Weg ist, die Nominierung zu gewinnen". Leicht grimmig gratulierte er Hillary Clinton, nur um dann wie gewöhnlich in seine Standardwahlkampfrede von Wandel und Hoffnung zu verfallen. Die Ereignisse des Tages außer Acht lassend, attackierte er hauptsächlich den republikanischen Gegner John McCain. "Er kann sich auf seine lange Geschichte von Tachelesreden und unabhängigem Denken berufen, aber seine Kampagne hat sich längst mit just der Politik assoziiert, die Amerika so verheerend gedient hat", wetterte Obama. Zum Schluss seiner Ansprache appellierte er wieder einmal, einen würdevolleren, weniger negativen Wahlkampf zu führen.
Eine Schlammschlacht
Dieser Aufruf wirkte fast etwas hilflos angesichts der Vorfälle der vergangenen Tage. Die hatten einen Vorgeschmack gegeben auf die drohende Schlammschlacht zwischen den beiden demokratischen Bewerbern. Clinton hatte die US-Medien heftig kritisiert, die ihrer Meinung nach über Obama weniger kritisch und geradezu schwärmerisch berichtet hätten. Außerdem beschuldigten sich beide Wahlkampflager gegenseitig noch bis tief in die Wahlnacht hinein, in einzelnen Wahlbezirken ein unfaires Spiel zu treiben und zu tricksen.
Das Clinton-Lager bekräftige zudem seine Absicht, die beiden von der Parteiführung für ungültig erklärten Vorwahlen in Michigan und Florida zählen zu wollen. Clinton hatte sich dort wählen lassen, obgleich alle demokratischen Kandidaten zuvor verabredet hatten, in diesen Staaten keinen Wahlkampf zu betreiben und nicht zu kandidieren.
So wachten die Strategen in Hillarys und Obamas Wahlkampflagern am Mittwochmorgen auf und sahen vor sich sieben weitere harte Wochen. Eine Ewigkeit in der Politik dieses US-Präsidentschaftswahlkampfs. Doch die nächsten, dann möglicherweise entscheidenden Vorwahlen werden erst am 22. April im delegiertenreichen Staat Pennsylvania stattfinden. Das bedeutet weitere Millionensummen, die die Kandidaten einsammeln müssen. Beide Bewerber hatten im Februar zusammengerechnet rund 85 Millionen Dollar für diesen teuersten aller Wahlkämpfe eingeworben. Das bedeutet aber auch eine Lawine gegenseitiger Anschuldigungen. Und einen für die Demokratische Partei selbstzerstörerischen Dauernominierungswettstreit.
Zahlreiche Analysten befürchten längst, dass sich das mathematische Patt bis in den Juni hinein fortsetzen könnte, ja möglicherweise erst die Superdelegierten der Partei beim Parteitag entscheiden werden.
Der lachende Dritte in diesem Kampf ist seit Dienstag John McCain. Er kann ab heute für seinen Wahlkampf auf die gesamte Parteimaschinerie und ihre Ressourcen zugreifen. Er werde weder die Bedeutung noch die Größe der Herausforderung unterschätzen, sagte er zum bevorstehenden Wahlkampf. "Es wird eine starke Wahl sein, zwischen einem liberalen Demokraten und einem konservativen Republikaner. Ich glaube, dass ich bei diesem Wettbewerb der Visionen und Ideen siegen werde."
Bush greift ein
Noch in der Wahlnacht hatte sein parteiinterner Konkurrent Mike Huckabee seine Bewerbung um die republikanische Nominierung aufgegeben. Der Baptistenpriester und Exgouverneur von Arkansas hatte bis zuletzt, als schon längst klar war, dass er das Rennen mit seinen insgesamt lediglich rund 260 Delegiertenstimmen rein rechnerisch gegen John McCain nicht würde gewinnen können, noch kräftig Unterstützung der christlich-konservativen Basis erhalten. Seine Kandidatur hatten viele daher als Protestbewegung gegen John McCain interpretiert, der sich seit seinem entscheidenden Sieg in Florida Ende Januar eifrig darum bemüht, die volle Unterstützung der rechtskonservativen Basis zu bekommen. Huckabee lobte McCain und verpflichtete sich bei seiner Abschiedsrede, alles zu tun, um die Partei zu einen.
McCain wollte am Mittwoch im Weißen Haus Präsident George W. Bush treffen. Bush ist auch Parteivorsitzender der Republikaner. Beide Männer hatten im Wahlkampf 2000 erbittert gegeneinander gekämpft. Bush hatte damals eine außerordentliche Schmutzkampagne gegen McCain und dessen Familie geführt. Jetzt wird er McCain unterstützen.
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