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McAllister und sein Verhältnis zu WulffEin leises Tschüss

David McAllister und Christian Wulff (beide CDU) sind Freunde. Und manches sprach bislang dafür, dass der eine dem anderen auch in den Abgrund folgt. Denn klar war das alles ein Niedersachsen-Skandal.

Ein klassisches Tandem: David McAllister (hinten, klar) hat seine politische Karriere bislang als strikte Nachfolge Christian Wulffs gestaltet. Bild: dpa

BREMEN taz | Wahrscheinlich war David McAllister am vergangenen Freitag der glücklichste Mensch der Welt. Denn bis Freitag, 11 Uhr, hatte der niedersächsische Ministerpräsident ein dickes Problem. Seit 11.05 Uhr weiß er auch offiziell, dass ers los ist. Aber wahrscheinlich war David McAllister schon vorher bekannt, dass Christian Wulff dann zurücktreten würde.

Enger als eng war schließlich die politische Beziehung der beiden bis zum Schluss, als Freunde gelten sie noch immer. Und in fast allem ist Wulff ja McAllisters direkter Vorgänger: Erst hat dieser jenen als niedersächsischen CDU-Fraktionsvorsitzenden beerbt, dann als Parteichef und schließlich als Ministerpräsident.

Bislang schien es auch, als müsse der eine dem anderen über kurz oder lang in den Abgrund folgen: "Warum in aller Welt tut Christian Wulff McAllister das an?", hatte vor zwei Wochen erst Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) gefragt angesichts der quälenden Durchhaltemanöver des protokollarisch wichtigsten Mannes im Staat.

Wem es auffiel

Zum Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff wollten sich doch so einige niedersächsische Organisationen äußern. Die taz.nord fand in ihrem Posteingang Statements von:

11:06 Uhr Grüne

11:21 Uhr CDU-Fraktion

11:28 Uhr SPD Landesverband

11:34 Uhr Piratenpartei

11:45 Uhr Arbeitgeberverbände

11:48 Uhr Grünen-Fraktion

11:59 Uhr Linksfraktion

12:12 Uhr SPD-Fraktion

12:36 Uhr Freie Wähler

12:37 Uhr Hildesheimer Bischof

12:38 Uhr FDP

13:06 Uhr CDU Landesverband

13:34 Uhr Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung

14:49 Uhr Bischöfe der Evangelischen Kirchen

15:22 Uhr Staatskanzlei

Umso größer nun die Erleichterung: Voller Respekt, beeindruckende Bilanz und Blablabla - mit dürren Floskeln winkte die Staatskanzlei in Hannover dem Scheidenden noch ein leises Tschüss hinterher, Vorverurteilungen seien "auch an diesem Tage nicht angebracht", ließ die Niedersachsen-CDU noch wissen. Tiefe Trauer aber klingt anders.

Denn klar war das alles ein Niedersachsen-Skandal: In Bellevue ist Wulffs Bilanz bislang makellos. Sein allzu durchlässiges Gebaren gegenüber Wirtschaftsvertretern hatte er just auf dem Posten an den Tag gelegt, für den er McAllister aufgebaut hatte. Das Kabinett, mit dem dieser in Niedersachsen regiert, ist weitgehend dasselbe, das Wulffs anrüchige Finanzjonglagen entweder mitvertuschte - oder nicht schlau genug war, es zu durchschauen. Beides keine Empfehlungen fürs Ministeramt.

"Als niedersächsischer Ministerpräsident hat Christian Wulff sehr viel Positives für Niedersachsen geleistet", hieß es im Statement der Staatskanzlei. Im Amt des Bundespräsidenten habe er "wichtige Akzente gesetzt" und "Denkanstöße für eine menschliche Gesellschaft" gegeben. Das wird der Opposition nicht reichen: Verhalten kritisierte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel in Hannover den Rücktritt nur als "zu spät", und bemängelte, dass Wulff einen "Scherbenhaufen" hinterlasse.

Deutlicher spielte Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil den Ball zurück ins landespolitische Feld. Er forderte von McAllister, inhaltlich Stellung zu beziehen: Der MP müsse "die Grauzone zwischen Regierungsarbeit und wirtschaftlichen Kontakten" aufklären, sagte der neue SPD-Landesvorsitzende, der bei der Landtagswahl als McAllisters Herausforderer antritt.

Denn natürlich ist das bereits ein Vorgriff auf den Wahlkampf: Weil setzt dabei auch darauf, seinen Kontrahenten als Geschöpf genau jenes Politbetriebs darzustellen, von dem sich immer mehr WählerInnen abwenden. Weil selbst kann gegenüber diesem Sumpfblütenkartell eine gewisse Distanz glaubhaft machen.

Für die SPD ist es da schwierig, sich der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss anzuschließen, wie die Linksfraktionschefin Tina Flauger am Freitag erneuerte. Zwar hielte ein solches Gremium die Debatte am Köcheln - doch Weil, der nicht im Landtag sitzt, könnte davon nur über Bande profitieren.

Unabhängig von der strategischen Frage scheint es indes, als gäbe es in der Causa Wulff mindestens ebenso viel politischen wie strafrechtlichen Klärungsbedarf: So wirft es ein eigentümliches Licht aufs regierungsinterne Kräfteverhältnis, dass in Niedersachsen ein Regierungssprecher offenbar ohne allzu viel Mühe - und noch dazu in Fragen der Mittelverwendung - den Finanzminister bescheißen konnte, wie Hartmut Möllring (CDU) sich ausgedrückt hat. Ebenso liegt es jenseits der Zuständigkeit von Ermittlern, die ethischen Grundsätze zu überprüfen, an der eine Landesregierung ihr Handeln ausrichtet.

Ein Untersuchungsausschuss hingegen könnte der Frage nachgehen, ob sich der "Verhaltenskodex gegen Korruption" bewährt hat, den die Landesregierung einst für alle Behörden Niedersachsens eingeführt hat.

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