Maulwürfe etc.: Früher wird es nicht
■ Zum 20. Todestag von Günter Eich
„Gleich morgens lesen wir am Zeitungsstand das Älteste. Der Zeitungsstand ist gelb, aquarelliert oder aus Versehen, aber gelb. Was ist die natürliche Farbe für Zeitungsstände? Selbst ein integres Infrarot hätte seine Überzeugungskraft, z.B. in Verbindung mit Milano Match oder andern ausgestorbenen Blättern. Das Älteste ist immer schwarz, das ergibt sich aus der Sache: Schwarzwurzel, Schwarzwald. In unserem Fall Infantiles für 40- bis 70jährige. Das hat in allen Zwischeneiszeiten die Welt bewegt. Jetzt will man die Mittel dafür streichen. Das ist ein Fehler, ganz bestimmt. Man braucht nur auf die Straße zu gehen, morgens und an den Zeitungsstand. Dann fällt es einem wie Brillen von den Augen. Endlich weiß man, was Zeit ist: Solang man auch trödelt, es wird nicht früher.“
Diese rücksichtslose, unseren Berufsstand aufs bitterste betreffende Wahrheit hat der Hörspiel- und Gedichtautor Günter Eich schon 1968 in seinem bekannten Kurzprosaband „Die Maulwürfe“ formuliert. Damals waren viele Redaktionsmitglieder noch mit dem Einmaleins beschäftigt. Wir freuen uns heute, von seinen bissigen Prophezeiungen nur halb betroffen zu sein, denn die taz gibt es noch. Betroffen verbleiben wir natürlich, weil auch wir manchmal getrödelt haben.
Am Sonntag vor zwanzig Jahren ist Günter Eich, an den wir hiermit eindringlich erinnern wollen, gestorben. ih
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