„Massiver Vertragsbruch“

Das Bremer Autohaus Schmidt & Koch zwingt seine Beschäftigten offenbar seit Monaten zu kostenloser Mehrarbeit – entgegen dem gültigen Tarifvertrag. Jetzt wollen sich Arbeitnehmer wehren

„Wir haben es hier mit einer sehr verängstigten Belegschaft zu tun“

Bremen taz ■ „Massiven Vertragsbruch“ hat die IG Metall der Geschäftsführung der Bremer Unternehmensgruppe Schmidt & Koch vorgeworfen. Die in den Autohäusern des größten Vertragshändlers für Audi, VW und Porsche in der Region beschäftigten Mitarbeiter würden seit über einem Jahr gezwungen, jeden Monat 16 Stunden unbezahlte Mehrarbeit zu leisten. Außerdem sollten sie auf bis zu neun Tage Urlaub im Jahr verzichten und akzeptieren, dass Urlaubsgeld nur noch auf freiwilliger Basis gezahlt werde – alles entgegen geltendem Recht, wie Harald Esker, bei der Bremer IG Metall für den Autohändler zuständig, betont. Der Manteltarifvertrag etwa, in dem Arbeitszeit und Urlaub der Bremer Beschäftigten festgeschrieben sind, läuft noch bis Ende Juni 2007. Und auch sämtliche anderen Tarifverträge gälten weiterhin, weil noch keine neuen ausgehandelt wurden. „Schmidt & Koch ist in keinem Fall befugt, derartige Schritte vorzunehmen“, unterstreicht Esker.

Die Geschäftsführung des Autohaus-Konzerns beeindruckte das bisher offenbar nicht. In Einzelgesprächen, so heißt es, seien MitarbeiterInnen massiv unter Druck gesetzt worden, die neuen Arbeitsbedingungen schriftlich zu akzeptieren. „Denken Sie an Ihre Familie!“, habe man ihm mehr oder weniger unverhohlen mit der Kündigung gedroht, berichtet einer, der aus Angst vor weiteren Repressionen ungenannt bleiben will. Geschäftsführer Horst Dierks war gestern bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Kein einziger der über 600 Beschäftigten in den gut 20 Autohäusern zwischen Rotenburg, Verden und Wilhelmshaven hat bisher gegen die Zumutungen geklagt. Dabei ist nach Angaben Eskers zumindest für Gewerkschaftsmitglieder die Rechtslage eindeutig: Selbst wenn sie einen Änderungsvertrag unterschrieben haben sollten, wäre dieser schlicht unwirksam. „Wir haben es mit einer sehr verängstigten Belegschaft zu tun“, urteilt Esker.

Einen Grund für den Erfolg der Einschüchterungsversuche sieht die Gewerkschaft in der dominanten Stellung von Schmidt & Koch auf dem regionalen Arbeitsmarkt. „Wenn ich als älterer VW-Monteur bei denen auf die schwarze Liste komme“, sagt Esker, „bei welchem VW-Händler hier in der Gegend soll ich dann noch einen Job finden?“

Die Autohaus-Beschäftigten wollten gestern Abend über das weitere Vorgehen beraten, etwa einen Streik oder eine Sammelklage gegen den Arbeitgeber. Der habe auf das letzte Woche unterbreitete Angebot einer gütlichen Einigung jedenfalls bis gestern „überhaupt nicht reagiert“.

Armin Simon