Massiver Polizeiaufmarsch in Indien: Fackellauf im Hochsicherheitstrakt
Erst sagten indische Spitzensportler ab, doch dann verlief alles reibungslos: Massive Sicherheitsmaßnahmen verhinderten Störungen beim Olympia-Fackellauf in Delhi.
DELHI taz Ein vergleichbares Aufgebot an Sicherheitskräften kennt Indiens Hauptstadt Delhi nur von der jährlichen Militärparade am "Tag der Republik" im Januar: 15.000 Polizisten, davon viele in Kampfanzügen, sicherten am Donnerstag das gesamte Regierungsviertel wegen des olympischen Fackellaufs nahezu militärisch ab.
Nach ihrem bisherigen Spießrutenlauf musste die olympische Fackel in Delhi eine der kritischsten Passagen bewältigen: In Indien lebt mit mehr als 100.000 Menschen die weltgrößte tibetische Exilgemeinde. Indien ist das Zentrum des Protests gegen Chinas Politik in Tibet: Schon mehrfach hatten Tibeter versucht, die chinesische Botschaft in Delhi zu stürmen.
Aus Angst vor Ausschreitungen war die geplante neun Kilometer lange Route stark gekürzt worden. Somit konnte jeder der 70 Läufer die symbolträchtige Fackel nur wenige Meter auf ihrem Weg vom Präsidentenpalast zum rund zwei Kilometer entfernten Denkmal "India Gate" tragen. Begleitet wurden sie von den bekannten chinesischen Sicherheitskräften in blau-weißen Trainingsanzügen. Trotz des starken Polizeiaufgebots kam es am Rande zu Zusammenstößen mit Demonstranten.
Kleinere Gruppen versuchten, den Sicherheitsring zu durchbrechen. Zu Festnahmen kam es auch, als Tibeter versuchten, Zufahrtsstraßen zum Regierungsviertel zu blockieren. Auch in der Finanzmetropole Bombay nahm die Polizei 45 Tibeter fest, die versucht hatten, vor Chinas Konsulat zu demonstrieren.
Mehrere indische Spitzensportler hatten ihre Teilnahme am Fackellauf abgesagt. Vor knapp zwei Wochen sagte Baichung Bhutia, der Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft, er werde den Fackellauf boykottieren, um "dem tibetischen Volk in seinem Kampf beizustehen". Erst am Mittwoch sagte der Kricket-Superstar Sachin Tendulkar ab. Er begründete dies mit "gesundheitlichen Problemen". Tendulkar war der vierte Sportler, der sich von der Veranstaltung zurückzog.
Mehrere tibetische Gruppen hielten am Morgen in der Nähe der offiziellen Strecke einen eigenen alternativen "Friedenslauf" ab. Rund 2.000 Menschen trugen tibetische Flaggen, viele von hatten "Free Tibet"-Stirnbänder um den Kopf. Sie skandierten "Lang lebe der Dalai Lama" und "Stoppt die Gräueltaten in Tibet".
Der alternative Fackellauf startete am symbolträchtigen Denkmal für den Anführer des indischen Unabhängigkeitskampfs, Mahatma Gandhi. Auch die für ihre scharfe Regierungskritik bekannte Schriftstellerin Arundhati Roy nahm daran teil.
SASCHA ZASTIRAL
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