Massive Proteste gegen Ali Bongo: Wahl in Gabun endet im Chaos
Der Sohn des verstorbenen Langzeitherrschers Bongo ist in Gabun zum Wahlsieger erklärt worden. Die Opposition glaubt an Wahlbetrug und die Armee geht auf die Kritiker los.
BERLIN taz | Die erste wirklich pluralistische Präsidentschaftswahl in Gabun ist am Donnerstag im Chaos geendet. Oppositionelle lieferten sich Straßenschlachten mit Sicherheitskräften, als klar wurde, dass die Macht in dem schwerreichen zentralafrikanischen Ölland in der Familie bleibt: Ali Bongo, früherer Verteidigungsminister und Sohn des im Juni nach 42 Jahren an der Macht verstorbenen Präsidenten Omar Bongo, hat laut Innenministerium die Wahlen vom vergangenen Sonntag mit 41,73 Prozent der Stimmen gewonnen.
Weit abgeschlagen mit jeweils 25,88 und 25,22 Prozent liegen demnach Ex-Innenminister André Mba Obame und der langjährige Oppositionsführer Pierre Mamboundou. In Gabun gibt es keine Stichwahl.
Am Morgen hatte die Armee mit Gewalt mehrere tausend Oppositionsanhänger von der Straße geräumt, die seit Tagen vor dem Gebäude der Wahlkommission in der Hauptstadt Libreville ausgeharrt hatten. Mamboundou wurde schwer verletzt, zwei seiner Leibwächter wurden getötet. Im Laufe des Tages zündeten Demonstranten in Libreville Autos an und skandierten Parolen wie "Wir werden die Weißen umbringen!" gegen die Ex-Kolonialmacht Frankreich, die Truppen in Gabun stationiert hat.
Im Ölhafen Port Gentil gingen das französische Konsulat sowie das Depot der französischen Ölfirma Total in Flammen auf. Demonstranten stürmten das Gefängnis, befreiten die Häftlinge und besetzten das Stadtzentrum.
André Mba Obame sagte, das Protokoll der Wahlkommission sei von ihm nicht unterzeichnet und daher ungültig. Der ehemalige Innenminister war im Juli aus Protest gegen die Kandidatur Ali Bongos aus der Regierungspartei PDG (Gabunische Demokratische Partei) ausgetreten.
Da er zuvor als Minister die Wahlmanipulationen des verstorbenen Omar Bongo organisiert hatte, hoffte die Opposition, mit Obame verliere die PDG auch ihre Wahlfälschungsmaschinerie.
Als Ali Bongo in der Nacht nach der Wahl seine vorbereitete Siegesrede kurzfristig absagte, stiegen die Hoffnungen auf einen Machtwechsel. Noch Donnerstag früh hieß es aus der Wahlkommission, ihre Mitglieder seien sich nicht einig, ob sie die einzelnen Wahlkreisergebnisse überprüfen oder lediglich zusammenrechnen sollten. Dies werten Beobachter als Hinweis auf Fälschungen.
Die Wahllisten des Landes mit 1,5 Millionen Einwohnern, davon über die Hälfte unter 18, gelten als künstlich aufgebläht: Bei den Kommunalwahlen 2008 standen 723.000 Namen auf den Wählerlisten, es gab massiven Einspruch und über 20.000 fiktive Wähler wurden gestrichen. Nun aber enthielten die Wahllisten sogar 813.164 Namen.
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