: Massenvertreibung in Kolumbien
■ Dörfer werden von Hubschraubern bombardiert / Zehntausend Bauern mußten ihr Land verlassen, berichten Gewerkschafter
Bonn (afp) - Im Norden und Osten Kolumbiens haben Armee und Todesschwadronen in den letzten Monaten nach Angaben von Gewerkschaftern und Menschenrechtlern mehrere zehntausend Bauern von ihrem Land vertrieben. Allein in der Umgebung von Barrancabermeja, etwa 250 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bogota, seien seit August vergangenen Jahres rund 30.000 Menschen vor Luftangriffen und Todesdrohungen paramilitärischer Kommandos aus den Dörfern in städtische Elendsviertel geflohen, sagte Luis Galvis vom „Nationalen Bauernverband“ (ANUC) am Dienstag in Bonn.
Seit Mai vergangenen Jahres habe die Armee im Kampf gegen die kolumbianischen Guerilla-Organisationen ihre Taktik geändert. Sie suche jetzt nicht mehr die direkte militärische Konfrontation mit den Rebellen, sondern attackiere vorzugsweise die Zivilbevölkerung in den Operationsgebieten der Guerilla. In den letzten Monaten, zuletzt im Januar, seien zahlreiche Dörfer von Militärhubschraubern aus bombardiert worden.
Galvis nannte die Massenvertreibung der Landbevölkerung in Teilen Kolumbien ein „neues Phänomen“. Sie habe erst im Spätsommer vergangenen Jahres begonnen, im wesentlichen auf Initiative wirtschaftlicher Interessengruppen. Die Kleinbauern stünden der landwirtschaftlichen Massenproduktion durch agrarische Großkonzerne und der Erschließung der Kohle- und Ölvorkommen in Wege, die im kolumbianischen Nordosten besonders reich seien.
Vor allem die Rauschgiftmafia habe sich nach den Vertreibungen durch Mittelsmänner große Ländereien angeeignet. In der Umgebung von Barrancabermeja habe allein der Ochoa-Klan, der das Kokainkartell von Medellin kontrolliert, in jüngster Zeit 18.000 Hektar aufgekauft. Der Landbesitz der Kokain-Barone sei in ganz Kolumbien bisher auf einen Umfang von einer Million Hektar angewachsen.
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