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Massenpanik in SüdkoreaSicherheit nicht auf dem Radar

Die Tragödie beim Halloween-Fest in Seoul wäre wohl zu verhindern gewesen. Doch selbst die Polizei fühlte sich offenbar nicht zuständig.

Ein Ladenbesitzer trauert am Ort der Tragödie in Seoul Foto: Kim Hong-Ji/reuters

Die kleine Gasse im Seouler Itae­won-Viertel führt direkt vom U-Bahn-Ausgang Nummer 4 berg­auf­wärts zur berühmten Ausgehmeile mit all ihren Hiphop-Clubs und Rooftop-Bars. Auf jenen 45 Metern Asphalt, die zu eng sind für jeden Autoverkehr, wurden am Samstagabend die Partygänger von ungeheuren Menschenmassen auf beiden Seiten erdrückt. Mindestens 154 von ihnen verloren in jener Nacht ihr Leben.

Auf der anderen Seite des zentralen Namsan-Bergs, direkt vorm Rathaus der Millionen-Metropole, hat die Stadtregierung einen riesigen Traueraltar errichtet. Präsident Yoon Suk Yeol kam als Erster, um den Verstorbenen seinen Respekt zu erweisen.

Doch als die Politiker, ausländischen Botschafter und Fernsehjournalisten längst wieder abgezogen waren, riss die Schlange an Trauernden bis in die Abendstunden weiterhin nicht ab. Insbesondere viele junge Leute legten mit Tränen in den Augen ihre Blumensträuße nieder, und immer wieder hörte man den Ausspruch: „Sie waren in meinem Alter.“

Zwei Tage nach der Tragödie hat die südkoreanische Regierung nun versprochen, eine gründliche Untersuchung einzuleiten. Die Polizei hat ebenfalls bereits begonnen, Zeugen zu befragen und ihre Überwachungskameras auszuwerten. Und die Öffentlichkeit, die bereits 2014 vom menschengemachten Schiffsunglück der „Sewol“ mit über 300 Toten aufgerüttelt wurde, schaut mit Argusaugen auf das Tun der staatlichen Autoritäten.

Denn schon jetzt lassen sich Rückschlüsse ziehen, wonach die Itaewon-Tragödie möglicherweise zu verhindern gewesen wäre. Als fatal stellt sich heraus, dass die Halloween-Feierlichkeiten trotz der jährlich Zehntausenden Besucher nicht von einer zentralen Institution organisiert wurden. Deshalb fühlte sich niemand so recht für die Sicherheit verantwortlich, auch die Polizei offenbar nicht ausreichend.

Müll und Verkehr waren die Themen

Und die Bezirksregierung gab bereits recht offen zu, dass sie sich im Vorfeld vor allem um die Müllentsorgung am nächsten Morgen und die Verkehrsregelung während des Events gesorgt hatte. Die Sicherheit der Menschenmengen hatte man schlicht nicht auf dem Radar.

Viele Bewohner des Viertels waren zwar ebenfalls schockiert von den Ereignissen, allerdings weitaus weniger überrascht. Ein Enddreißiger erzählt auf seinem Facebook-Account, dass er die Veranstaltung seit Längerem gemieden hatte, nachdem er sich beim Halloween-Fest vor acht Jahren bereits unsicher gefühlt hatte: „Es war dermaßen überfüllt, dass es irgendwann gefährlich schien, also bin ich früher gegangen und auch in den nächsten Jahren nicht mehr wiedergekommen.“

Doch diesen Herbst hat sich nach Aufhebung der Corona-Auflagen der Drang vieler junger Koreaner noch einmal deutlich erhöht, endlich wieder wie früher zu feiern. Bis vor wenigen Monaten galten schließlich noch Sperrstunden und Kapazitätsbeschränkungen. Das populäre Itaewon-Viertel war bisweilen zur Geisterstadt verkommen. Einige der Bars hatten – wie zur Prohibition – ihren Stammgästen heimlich hinter verschlossenen Türen die Biere ausgeschenkt, um den Stichprobenkontrollen der Polizei zu entgehen.

Nun wird bis zum kommenden Samstag wieder Stille ins Viertel einkehren, denn Präsident Yoon Suk Yeol hat eine nationale Trauerzeit ausgerufen. Wenn die Feiernden danach allmählich wieder nach Itaewon zurückkehren, wird die Tragödie in den Köpfen der Leute wohl noch lange nachhallen.

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