Massenpanik im Jemen: 80 Tote bei Ramadan-Spendenaktion

Bedürftige in Jemens Hauptstadt Sanaa wollten sich Almosen abholen. Als Ordnungskräfte in die Luft schossen, brach eine Massenpanik aus.

Der Eingang eines Gebäudes, die Tür ist mit einem Gitter verschlossen, auf den Stufen davor liegen Kleider verstreut

Dieses von den Huthis veröffentlichte Bild zeigt Kleidung auf den Stufen eines Gebäudes in Sanaa Foto: dpa

SANAA ap | Bei einer Massenpanik in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa sind nach Angaben der Huthi-Rebellen mindestens 78 Menschen getötet worden. Mindestens 73 weitere seien verletzt worden, meldeten Vertreter der Aufständischen und Augenzeugen.

Die Tragödie ereignete sich am Mittwoch während einer von Händlern organisierten Verteilung von Spenden an Bedürftige, wie sie im Fastenmonat Ramadan üblich ist.

Die Menschen hätten sich am späten Abend in der Altstadt von Sanaa versammelt, um von Wohlhabenden umgerechnet jeweils rund neun Euro in Empfang zu nehmen, berichteten Augenzeugen. Um die Menge in Schach zu halten, hätten bewaffnete Huthis in die Luft gefeuert.

Dabei hätten sie offenbar eine elektrische Leitung getroffen und eine Explosion herbeigeführt. Dies habe eine Panik unter den Menschen ausgelöst. Viele Frauen und Kinder versuchten den Berichten zufolge in alle Richtungen davonzurennen, es kam zu einem tödlichen Gedränge.

In sozialen Medien kursierten Videos, die Szenen der Tragödie zeigen sollen: Zu sehen sind Dutzende Leichen. Schreie von verzweifelten Menschen sind zu hören, während andere Hilfe zu leisten versuchen. Anderes Filmmaterial, das Huthi-Vertreter publik machten, zeigt Blutspuren und auf dem Boden verstreute Schuhe und Kleidung von Opfern.

Huthis machen Organisatoren verantwortlich

Der Leiter der örtlichen Gesundheitsbehörde, Motaher al-Maruni, gab die Zahl der Toten im Gespräch mit dem rebellennahen Fernsehsender Al-Masirah mit 78 an. Mindestens 73 Verletzte kamen in ein lokales Krankenhaus, wie der Vize-Hospitaldirektor Hamdan Bagheri mitteilte.

Ein Sprecher des Innenministeriums der Huthis, Abdel-Chalek al-Aghri, machte eine „willkürliche Verteilung“ von Geld ohne die ordnende Hand der örtlichen Behörden für die Massenpanik verantwortlich. Laut dem Ministerium wurden zwei Organisatoren der Spendenaktion verhaftet und Ermittlungen eingeleitet.

Die Huthis versprachen jeder Familie, die durch das Unglück einen Angehörigen verlor, zudem rund 2.000 Dollar Entschädigung. Für Verletzte werde es rund 400 Dollar geben.

Beobachter sprachen von der folgenschwersten Tragödie seit Jahren, die nicht mit dem andauernden Krieg im Jemen in Verbindung stand. Der Konflikt dauert seit 2014 an. Damals besetzten die vom Iran gestützten schiitischen Huthis die Hauptstadt und zwangen damit die international anerkannte Regierung zunächst zur Flucht in Richtung Süden und dann ins Exil nach Saudi-Arabien.

Eine saudisch geführte Militärallianz trat Anfang 2015 in den Krieg ein, um die Rückkehr der Regierung zu erreichen. Inzwischen hat sich der Konflikt zum Stellvertreterkrieg zwischen den Regionalmächten Saudi-Arabien und dem Iran mit mehr als 150.000 Toten ausgewachsen und die jemenitische Zivilbevölkerung nach UN-Angaben in eine der weltweit größten humanitären Katastrophen gestürzt.

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