Maryam Preußer schaut Jugendlichen im Gangway-Fußballcamp beim Kicken zu: Erzähl niemandem was von deinen Träumen
Kein Wunder, dass Deutschland verloren hat“, ertönt es über das Fußballfeld in Schöneberg. Dort findet gerade das Fußballcamp von Gangway statt, wie in jedem Sommer seit vier Jahren. Hier kicken Jugendliche mit Fluchterfahrungen, Jugendliche aus Berlin und Umgebung. Ungefähr 30 junge Menschen sind auf dem Fußballplatz, betreut von zwei Fußballtrainern und vier Mitarbeiter*innen von Gangway.
Gangway macht Straßensozialarbeit in Berlin und setzt sich für Jugendliche unterschiedlicher sozialer Herkunft ein, beispielsweise bei Konflikten in der Schule oder auch bei familiären Problemen. Dabei setzt Gangway vor allem auf Beziehungsarbeit. Über Freizeitaktivitäten und ungezwungene Runden sollen die Jugendlichen ein Vertrauensverhältnis zu den Sozialarbeitern aufbauen.
Jessica Ehlebracht, eine Streetworkerin von Gangway, betont, dass das Fußballcamp insbesondere ein Ort der Begegnung sei, fern von Konkurrenz- oder Wettkampfgedanken. In vielen Fußballvereinen müsse man erst drei Wochen Probetraining absolvieren, doch hier könnten die jungen Menschen unkompliziert Spaß haben und sich auf die Vereinsstrukturen verlassen.
Hüseyin Yoldas, ein Sozialarbeiter, und ein paar Jugendliche haben Frikadellen auf den Grill geschmissen, dazu gibt es Brot und Salat. Sie erzählen mir von einer Gangway-Autoreise in die Türkei, die natürlich ohne funktionierende Klimaanlage stattfand. Aber es hat Spaß gemacht.
„Anfangs konnte ich ihn überhaupt nicht leiden“, sagt einer der Jugendlichen und zeigt dabei auf den Betreuer. „Aber während der Reise wurde er für mich wie ein Vater. Wir begegnen uns auf einer Ebene, sonst könnte ich ihn nicht respektieren.“ Er sucht nach einem Ausbildungsplatz, Gangway hilft ihm dabei.
Ich setze mich zu zwei weiteren Jungs, die mir ihr Lieblingszitat verraten: „Erzähl niemandem was von deinen Träumen.“ Mohamad geht in die zehnte Klasse und möchte bald eine Ausbildung beginnen, Mehran geht in die zwölfte Klasse. Die beiden haben sich vor vier Jahren in einem Flüchtlingsheim kennengelernt, jetzt gehen sie gemeinsam zu Angeboten von Gangway.
Mohamed murmelt vor sich hin: „Ende dieser Woche ist das hier vorbei, dann beginnt wieder die Schule. In der Heimat sind noch drei Monate Ferien.“ Die Heimat, das ist Syrien, dort, wo seine Mutter und Geschwister leben. „Aber ich hoffe, sie kommen bald nach.“
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