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Martin Reichert HerbstzeitlosWylie, der Millennial der Millennials. Oder: Fuck the Zeitgeist

Passiert schon mal, dass man sich vorkommt wie in einem Roman von Bret Easton Ellis („American Psycho“). Aber jetzt scheint es plötzlich, dass sich der Erfolgsautor aus Los Angeles speziell die „Millennials“ vorgeknöpft hat. Der Protagonist heißt Christopher Wylie und ist 28 Jahre alt. Ein junger schwuler Veganer aus Kanada, der einen Nasenring trägt und dazu die Haare rosa – gerade im Internetzeitalter muss man ja, das wissen die Millennials, für griffige Bilder sorgen.

Wie viele andere junge Menschen seiner Generation litt er schön früh unter Aufmerksamkeitsdefizitstörungen und beruflich entschloss er sich, was mit Mode, Medien und Internet zu machen. So landete er schließlich bei einer Firma namens „Cambridge Analytica“, die unter anderem die persönlichen Daten von Facebook-Profilen ausgewertet hat, um damit den US-Wahlkampf zugunsten von Donald Trump zu beeinflussen – offensichtlich erfolgreich. „Cambrigde Analytica“ hatte übrigens auch bei der Brexit-Kampagne die Finger im Spiel, aber zurück zu Christopher Wylie, dem Millennial, der schon jetzt als „Whistleblower of the Millennial“ bezeichnet wird, denn er ist es, der nun den skandalösen Vorgängen endlich ein Gesicht verleiht, die pinken Haare. Denn dass „Cambrigde Analytica“ Dreck am Stecken hat und Facebook Schindluder mit seinen Daten betreibt, ist eigentlich keine Neuigkeit.

Im Reality-Script von Bret Easton Ellis geht es nun wie folgt weiter: Der junge Mann mit dem Nasenring trifft auf Lord Voldemort persönlich, Steve Bannon, und die beiden plaudern erst mal über intersektionalen Feminismus. Glauben Sie jetzt nicht? Doch, so hat es Christopher Wylie dem Observer erzählt. Bannon sei der erste Heterosexuelle gewesen, der sich für dieses Thema interessiert habe – und sofort habe dieser begriffen, wie er diesen für die Belange seiner Zielgruppe einsetzen könnte, also „unterdrückten jungen weißen Männern“.

Überein kamen sich die beiden wohl auch in dem Punkt, dass es zwischen Mode und Politik gar keine so großen Unterschiede gibt: Trump sei im Prinzip wie ein Paar Uggs oder Crocs, so hat er es Bannon erklärt, und die Frage ist dann nur: Wie kommt man von einem Punkt, wo die Leute denken: „Ah, total hässlich“, dazu, dass jeder sie trägt? Rund die Hälfte der Amerikaner hat die Dinger dann anscheinend gekauft, der Junge mit den rosa Haaren hat dem Mann mit den orangefarbenen Haaren dazu verholfen, der mächtigste Mann der Welt zu werden. Glauben Sie auch wieder nicht?

Die Fünftage­vorschau

Fr., 23. 3.

Peter

Weissenburger

Eier

Mo., 26. 3.

Mithu Sanyal

Mithulogie

Di., 27. 3.

So nicht

Doris Akrap

Mi., 28. 3.

Adrian Schulz

Jung und dumm

Do., 29. 3.

Jürn Kruse

Nach Geburt

kolumne@taz.de

Bannon jedenfalls, so erzählt es Wylie im Guar­dian, will gerne noch mehr Gays für seine Bewegung gewinnen: „He figured, if you can get the gays on board, everyone else will follow. It’s why he was so into the whole Milo [Yiannopoulos] thing.“ Aber vielleicht ist das ja wirklich alles nur ein Roman von Bret Easton Ellis. Und der, so heißt es, sympathisiert neuerdings ebenfalls mit dem Rechtspopulismus. Nein, man kann es wirklich kaum glauben.

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