Markus Babbel über seinen Job beim VfB Stuttgart: "Bayern hat mich geprägt"
Vor dem Duell des FC Bayern München und Stuttgart spricht VfB-Teamchef Markus Babbel über sein glückliches Händchen an der Seitenlinie und seine lebenslange Liebe zum Rasen.
taz: Herr Babbel, es ist erstaunlich ruhig vor diesem Südschlager. Sticheleien aller Art gehören sonst zum Standardprogramm der Bayern, oder hat man gegen Uli Hoeneß da eh keine Chance?
Markus Babbel (36) machte 51 Länderspiele für Deutschland, wurde 1996 Europameister, gewann vier Meisterschaften, zweimal den DFB-Pokal und zweimal den Uefa-Cup. Seit November ist Babbel Teamchef des VfB Stuttgart. Er spielte als Profi neben dem VfB auch für Bayern München, den Hamburger SV, den FC Liverpool und Blackburn Rovers.
Markus Babbel: Für seine Art lieben wir ihn, es gehört zu ihm und den Bayern einfach dazu. Das macht jeden Spieltag und die Liga interessant. Aber mit uns wird es diesmal nichts geben, dazu sind wir zu ungefährlich, was die Tabellenspitze angeht. Wenn wir weiter oben stehen würden, wäre das sicher anders.
Als Sie zum Chef befördert wurden, hat Ihre Formulierung, es sei eine "angenehme Überraschung" für Irritationen gesorgt, Ihr Vorgänger Armin Veh soll sauer gewesen sein. Sind Sie missverstanden worden?
Nein, ich bin nach wie vor froh, in diese Position gekommen zu sein. Drüber hinaus habe ich mich bei Armin Veh für die tolle Zusammenarbeit bedankt. Ich hatte kein Problem, das Amt anzunehmen, weil ich immer kollegial war. Ich habe ihm viel zu verdanken, und das vergesse ich nicht.
Warum wollen Sie unbedingt Trainer werden? Es gibt andere gute Jobs im Fußball wie Manager, Spielerberater, Scout oder Experte beim Fernsehen?
Ich sehe mich weniger im Büro, sondern am Rasen. Dort habe ich einen Großteil meines Lebens verbracht. Ich muss draußen stehen und mit einer Mannschaft arbeiten.
Erklären Sie uns Ihren guten Start. Bei anderen neuen Trainern - bei Hans Meyer und Dieter Eilts - hat das nicht so gut geklappt.
Für mich als Teamchef und Trainer Rainer Widmayer ist das eine Chance und dabei dürfen wir uns nichts vorwerfen lassen. Wir werden alles dafür tun, dass die 50 Prozent, die in unserem Aufgabenbereich liegt, zu 100 Prozent Wirkung zeigen. Es geht darum, Selbstvertrauen zu schaffen. Aber man muss sagen, wir hatten auch Glück, es war nicht so, dass wir die Gegner bisher an die Wand gespielt haben.
Fühlen Sie sich zur Probe in ein Schaufenster gestellt? Es könnte ja sein, dass Sie nur bis zum Sommer als Chef arbeiten können, weil Ihnen die Lizenz fehlt?
Ich wollte Bundesligatrainer werden. Dass es so schnell geht, war nicht abzusehen. Jetzt geht es darum, der Mannschaft zu helfen. Im Rampenlicht zu stehen, gehört dazu. Was in ein paar Monaten ist, darüber denke ich jetzt nicht nach. Wir haben zwei wichtige Spiele mit Bayern und Lüttich, wo wir noch einen versöhnlichen Ausklang des Jahres hinbekommen können.
Wer von den Münchner Bayern wird von Ihnen wohl den herzlichsten Handschlag bekommen?
Wer mir zuerst vor die Hände läuft. Ich kenne noch einige, vor allem in der Vorstandsetage. Ich habe selbst noch mit Jürgen Klinsmann zusammengespielt, oder Christian Nerlinger, mit dem ich eine enge Freundschaft habe. Philipp Lahm ist noch dabei, den ich kenne. Freddy Binder als Physiotherapeut. Der Letzte, der aufgehört hat, war Oliver Kahn.
Wie intensiv sind überhaupt noch die Kontakte nach München und Bayern, oder hat sich Ihr Leben ganz nach Stuttgart verlagert?
Das hat sich eher nach Stuttgart verlagert. Durch die Familie wird München immer ein Anlaufpunkt bleiben. Meine Eltern und auch meine zwei Kinder aus erster Ehe leben in der Nähe von München. Die Familie ist der Hauptgrund, aber ich treffe mich auch gerne mit Jens Jeremies, mit Harald Cerny und Christian Nerlinger.
Sie waren lange bei den Bayern, spüren Sie noch etwas vom berühmten "Bayern-Gen"?
Die 16 Jahre bei Bayern haben mich sehr geprägt. Ich bin groß geworden in diesem Klub, das war meine Lebensschule. Man lernt unheimlich viel bei Bayern München, was man später unbewusst wieder hervorkramt.
Sie waren lange schwer krank, litten am Guillain-Barré-Syndrom. Spielt diese schwere Zeit auch heute noch eine Rolle in Ihrem Leben?
Vieles davon möchte ich nicht missen, es war eine wahnsinnig lehrreiche Zeit für mich. Davor war ich nur auf der Sonnenseite. Wenn man mal von hundert auf null runterkommt, macht man sich Gedanken, darüber, dass es auch etwas anderes gibt als Fußball. Auf der anderen Seite hat mich der Fußball da auch wieder rausgeholt und mir viel Kraft gegeben. Man hält sich an profanen Dingen fest, zum Beispiel am Gedanken, den nächsten Kampf wie ein Spiel gewinnen zu wollen. Erst im Nachhinein ist mir aufgegangen, wie viel Glück ich hatte.
Nun haben Sie gleich bei der ersten Stelle einen Spieler, der älter ist als Sie mit Ihren 36 Jahren?
Ich bin froh, dass wir Jens Lehmann haben. 39 Jahre alte zu sein, heißt auch, große Erfahrung zu haben. Er ist ein Führungsspieler und für mich immer noch der beste deutsche Torwart.
Und seine Hubschrauberflüge?
Es ist mir lieber, er fliegt, als auf dieser katastrophalen Autobahn stundenlang im Auto zu sitzen, um zur Familie an den Starnberger See zu kommen. Es wäre mir lieber, er würde immer fliegen.
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